Bewegliches Steißbein – weniger Last auf der Symphyse
Die Empfehlung lautet, aufrechte Gebärpositionen einzunehmen, weil die Geburtsdauer verkürzt und das Outcome von Mutter und Kind besser als in Rückenlage ist. Ein Einflussfaktor scheint die Beweglichkeit des mütterlichen Steißbeins und Kreuzbeins zu sein, das in aufrechten Gebärhaltungen frei beweglich und in Rückenlage nur eingeschränkt beweglich ist, da die Unterlage als Gegendruck wirkt.
In einer portugiesischen Studie wurden die Auswirkungen dieses Einflussfaktors untersucht, indem verschiedene Gebärhaltungen lediglich aus biomechanischer Sicht anhand der Beweglichkeit des Steiß- beziehungsweise Kreuzbeins unterschieden wurden. Gebärhaltungen wie Knien, Stehen Hocken oder Sitzen zählten zu den Gebärhaltungen mit freier Beweglichkeit des Steiß- oder Kreuzbeins. Die Auswirkungen der simulierten Gebärhaltung auf die Beweglichkeit des Steiß- beziehungsweise Kreuzbeins und des Einflusses auf die Symphyse wurden anhand eines Computersimulationsmodells überprüft. Hierzu wurde ein Beckenmodell mit fixierter Beckenbodenmuskulatur sowie ein kindlicher Kopf verwendet. Ein validiertes Rechenmodell wurde angewendet, um die Symphysenbreite sowie die Flexion des Steißbeins und damit die Beweglichkeit des Kreuzbeins zu messen und zu errechnen.
Die Ergebnisse zeigten, dass bei eingeschränkter Steiß- oder Kreuzbeinbeweglichkeit eine Beweglichkeit des Steißbeins um 3,6 Grad und eine Verbreiterung der Symphyse um 6 mm auftrat. In Positionen mit Steiß- beziehungsweise Kreuzbeinbeweglichkeit wurde eine Beweglichkeit des Steißbeins um 15,7 Grad und eine Verbreiterung der Symphyse von 3 mm festgestellt. Das bedeutet, dass die Belastung der mütterlichen Symphyse geringer war, wenn eine freie Beweglichkeit des Steiß- beziehungsweise Kreuzbeins möglich war.
Aus Sicht der AutorInnen sind Gebärhaltungen, in denen eine freie Beweglichkeit des Steiß- oder Kreuzbeins gegeben ist, vorteilhafter für die knöcherne Struktur des Beckens, weil sie mit einer höheren Beweglichkeit des Steißbeines und einer geringeren Dehnung der Symphyse einhergehen.
Die AutorInnen schlussfolgern, dass die Einnahme verschiedener Gebärhaltungen zu Veränderungen der weiblichen Beckenräume führt, die Auswirkungen auf den Geburtsverlauf haben. Sie empfehlen die Anwendung aufrechter Gebärhaltungen, um geburtshilflichen Problemen während der Geburt vorzubeugen und empfehlen Positionen, in denen eine freie Beweglichkeit des Steiß- beziehungsweise Kreuzbeins möglich ist.
Quelle: Borges M, Moura R, Oliveira D, Parente M, Mascarenhas T, Natal R: Effect of the birthing position on its evolution from a biomechanical point of view. Comput Methods Programs Biomed 2021., 200, 105921. https://doi.org/10.1016/j.cmpb.2020.105921 ∙ DHZ