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Bluttest auf Down-Syndrom: Logik der präventiven Selektion in Frage stellen

Ein Bluttest auf Down-Syndrom könnte in Deutschland zur gesetzlichen Kassenleistung werden. Die Firma LifeCodexx hat den diesbezüglichen Antrag gestellt. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), der in Deutschland über Kassenleistungen entscheidet, hat in der Sommerpause ein entsprechendes Bewertungsverfahren eingeleitet, ob die Gentests in die reguläre Schwangerenversorgung eingebaut werden sollen.

Bundestagsabgeordnete von CDU, SPD, Grünen und Die Linken haben gemeinsam einen offenen Brief an den G-BA gerichtet. Der Test habe keinerlei therapeutischen Nutzen und erhöhe den Druck auf die individuelle Verantwortung, ein „perfektes“ Kind zu gebären, so die Abgeordneten. Die Möglichkeit, sehr früh und „risikoarm“ zu testen, könne die Erwartung erzeugen, diese Angebote nutzen zu müssen. Eltern, die sich dann gegen den Test oder wissentlich für ein behindertes Kind entscheiden, könnten immer mehr in Erklärungsnöte geraten, geben die Abgeordneten zu bedenken.

„Aus ethischer Sicht ist die Aufregung um den Bluttest verständlich: Eine Aufnahme des Down-Syndrom-Bluttests in die Regelversorgung von Schwangeren signalisiert von staatlicher Seite: ‚Wir verfolgen eine Logik der präventiven Selektion kranker Kinder.’ Anstatt also bloß über die Methode zu diskutieren, sollte das Ziel sein, die Schwangerenvorsorge mit ihren vielfältigen Dienstleistungsangeboten zur Selektion behinderter Ungeborener kritisch zu hinterfragen“, meint Susanne Kummer, Bioethikerin am Wiener Institut für medizinische Anthropologie und Bioethik (IMABE). Das Geschäft mit der guten Hoffnung habe Schattenseiten, die offengelegt werden müssten.

(IMABE, September 2016)

Rubrik: Politik & Gesellschaft

Erscheinungsdatum: 17.10.2016