Chemotherapie in der Schwangerschaft - normale Entwicklung des Kindes
Krebs ist in der Schwangerschaft eine seltene Erkrankung. Etwa eine von 1.000 Schwangeren erhält diese Diagnose. Aber sie stellt alle BetreuerInnen und die Frau vor große Herausforderungen in Bezug auf eine angemessene Therapie, die vor allem von Unsicherheit geprägt ist.
In der Konsequenz beeinflusst die Unsicherheit die therapeutischen Entscheidungen und resultiert oft in einer erhöhten Hemmschwelle, eine zytotoxische Chemotherapie anzuwenden und senkt die Hemmschwelle die Schwangerschaft vorzeitig zu beenden. Die mütterliche Behandlung wird oft hinaus gezögert und die Geburt zu einem frühen Zeitpunkt eingeleitet.
Jetzt wurde die bislang größte prospektive Fallkontrollstudie dazu veröffentlicht. Prof. Dr. Frédéric Amant von der Universität Leuven, Belgien, und seine KollegInnen haben in einer Muliticenter Fallstudie 129 Kinder bis zu 3,5 Jahre lang untersucht, die nach einer Krebserkrankung der Mutter, die in der Schwangerschaft daran erkrankt war, geboren wurden und mit Kindern von Müttern ohne Krebserkrankung verglichen.
Bei den diagnostizierten Erkrankungen handelte es am häufigsten um Mammakarzinome und um Leukämien oder Lymphome. Von den 129 Kindern waren Dreiviertel (96 Kinder) pränatal einer Chemotherapie – allein oder in Kombination mit anderen Therapien – ausgesetzt; 11 Kinder einer Strahlentherapie (allein oder kombiniert), bei 13 Kindern war die Mutter nur chirurgisch behandelt worden und bei 14 Kindern hatte sie während der Schwangerschaft gar keine Krebstherapie erhalten.
Insgesamt wurden 391 Zyklen von Chemotherapie bei 93 Schwangeren appliziert.
Zwei Drittel der Kinder (61,2 Prozent), deren Mutter eine Krebsdiagnose hatte, wurden zu früh geboren. Normal ist eine Rate von sechs bis acht Prozent. Die vorzeitige Geburt ist jedoch häufig induziert worden, um die Mütter hernach besser behandeln zu können.
Die Kinder sind durch die Krebserkrankung der Mutter in ihrer Entwicklung nicht beeinträchtigt, wenn das Gestationsalter bei der Geburt berücksichtigt wurde. Dazu wurden der allgemeine Gesundheitszustand, das Wachstum, die kognitive Entwicklung sowie die Struktur und Funktion des Herzens untersucht. Die Ergebnisse wurden dann mit denen der Kontrollgruppe verglichen. Auch angeborene Fehlbildungen sind bei den Kindern nicht häufiger als in der Allgemeinbevölkerung. Die Kinder der Studie sollen bis zu ihrem 18. Lebensjahr weiter beobachtet werden.
"Bei aller gebotenen Vorsicht sieht es so aus, als ob eine Behandlung der Krebserkrankung der Mutter im zweiten oder dritten Trimester dem Fetus nicht schadet", so Amant.
Die Zeit bis zu einem Gestationsalter von zehn bis zwölf Wochen gilt als die empfindlichste, weil in dieser Zeit die Organogenese stattfindet und Chemotherapeutika in unterschiedlichem Maß plazentagängig sind. Nach wie vor ist es wahrscheinlich ratsam, Krebstherapien im ersten Trimenon zu vermeiden.
(Amant, F. et al.: Pediatric Outcome after Maternal Cancer Diagnosed during Pregnancy, New England Journal of Medicine. 28.9.2015; http://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa1508913#t=article)