DFH

Der Kaiserschnitt als wirtschaftliche Indikation

Am 18. September lud das Gesundheitsministerium des Landes Nordrhein-Westfalen zum dritten „Runden Tisch Geburtshilfe NRW“ ein, um die Themen Kaiserschnittrate in dem Bundesland, geburtshilfliche Versorgungsstrukturen heute und in Zukunft zu diskutieren.

Eingeladen waren die Berufsverbände der Hebammen, das Netzwerk der Geburtshäuser, Hebammenschulen, die Hochschule für Gesundheit in Bochum, das Kompetenzzentrums Frauen und Gesundheit NRW, die Verbraucherzentralen, die Berufsverbände der Frauenärzte Nordrhein, die Perinatalzentren, der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft sowie VertreterInnen der fachlich betroffenen Landesministerien.

Laut Dr. Hans-Georg Huber (Ärztekammer Nordrhein) liegt die Kaiserschnittrate in NRW aktuell bei über 30 Prozent. Kaum eine Frau sei ohne Schwangerschaftsrisiko. Das Risiko „Adipositas“ würde immer öfter attestiert und stelle eine relative Indikation zum Kaiserschnitt dar (Statistiken unter www.qs-nrw.org).

Dr. Klaus-Dieter Jaspers (Christophorus-Kliniken Coesfeld) dagegen sieht die steigende Kaiserschnittrate begründet in organisatorischen und wirtschaftlichen Interessen einer Klinik. Solange der Kaiserschnitt höher honoriert werde als die Spontangeburt, betrachtet er eine bundesweite Senkung der Kaiserschnittrate als Utopie. Seine geburtshilfliche Abteilung senkte die Kaiserschnittrate um circa 10 Prozent und verlor damit 400.000 Euro Einnahmen. Eine Senkung der Kaiserschnittrate kann seiner Meinung nach erreicht werden durch eine verbesserte Aufklärung über die gesundheitlichen Folgen für Mutter und Kind und das Training des schwindenden geburtshilflichen Wissens.

Dr. Julius Siebertz aus dem Gesundheitsministerium des Landes gab einen Überblick über die stationären Versorgungsstrukturen. Der Krankenhausplan NRW prognostiziert, dass ein Drittel der derzeit bestehenden geburtshilflichen Abteilungen bis 2015 geschlossen werde. Ein weiterer Rückgang der Fallzahlen bei Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett um vier Prozent wäre abzusehen. Die Zukunft der geburtshilflichen Versorgung läge in geburtshilflichen Zentren mit maximaler medizinischer Versorgung. Dies zeige sich für den ländlichen Raum problematisch.

Die Präsidentin des Deutschen Fachverband für Hausgeburtshilfe e.V. (DFH) Eva-Maria Müller-Markfort präsentierte in der Sitzung die eindeutigen Versorgungswünsche der Mütter und die Unmöglichkeit der Hebammen, sich im hart umkämpften Markt wirtschaftlich behaupten zu können. Die Daten waren in einer vom DFH veranlassten Geburtshilfestudie an der Universität Krems erhoben worden. Der DFH sprach sich dringlich dafür aus, bei allen neu konzipierten geburtshilflichen Versorgungsstrukturen die Wünsche der Mütter zur Hebammenbetreuung zu berücksichtigen, gesunde Schwangere von präventiv arbeitenden Hebammen versorgen zu lassen und das geburtshilfliche Handwerk und Wissen nicht durch Chirurgie ersetzen zu lassen.

(Gerlinde Wascher-Ociepka für das DFH-Präsidium, 18.9.2014)

Rubrik: Politik & Gesellschaft

Erscheinungsdatum: 15.10.2014