HIV-Infektion von Neugeborenen

Einmalige Behandlung mit breitneutralisierenden Antikörpern?

Weltweit werden jedes Jahr noch immer schätzungsweise 180.000 Kinder von ihrer Mutter mit HIV infiziert. Die Infektion erfolgt teilweise bereits transplazentar während der Spätschwangerschaft. Viele Kinder stecken sich jedoch erst während der Geburt oder in der Stillperiode an. Wenn die HIV-Infektion der Schwangeren bekannt ist, kann eine Übertragung auf das Kind heute durch die antiretrovirale Therapie der Mutter zu 99 % verhindert werden. Bei einer dokumentierten Virussuppression kann dann auf eine postnatale Prophylaxe des Neugeborenen verzichtet werden.

Breitneutralisierende Antikörper könnten in Zukunft eine Alternative sein, wenn die jetzt von einem Team um Nancy Haigwood von der Oregon Health & Science University School of Medicine in Portland vorgestellten Ergebnisse sich in klinischen Studien bestätigen sollten. Breitneutralisierende Antikörper binden an Stellen der HI-Viren, die für die Infektion der T-Zellen unverzichtbar sind. Diese Epitope werden deshalb im Verlauf einer Infektion nicht verändert, wie dies bei den meisten anderen Epitopen der Fall ist.

Die ForscherInnen haben verschiedene Strategien an Tieren untersucht, die nach der Geburt mit SHIV (dem HIV entsprechenden Virus bei Affen) infiziert wurden. Zwei Strategien erwiesen sich als wirksam. Die erste bestand in der Gabe der beiden breitneutralisierenden Antikörper PGT121 und VRC07-523, die einmalig 30 Stunden nach der Geburt erfolgte. Bei allen sechs Tieren wurde eine chronische Infektion verhindert.

Die zweite erfolgreiche postnatale Therapie war eine dreiwöchige Behandlung mit Tenofovir, Emtricitabin und Dolutegravir, die 48 Stunden nach der Geburt begonnen wurde. Zu diesem Zeitpunkt war eine Behandlung mit den beiden breitneutralisierenden Antikörpern nicht mehr erfolgreich, die in einer dritten Gruppe versucht worden war. Haigwood führt dies auf die langsame Pharmakokinetik zurück. Bis die Antikörper aus den subkutanen Depots resorbiert werden, vergehen mehrere Stunden. Die oral verabreichten Wirkstoffe sind dagegen schon bald nach der Einnahme im Blut nachweisbar.

Die Antikörper hätten den Vorteil, dass die Therapie einfacher durchzuführen wäre. Antikörper sind in der Regel besser verträglich als Medikamente. Ob die von den US-ForscherInnen vorgeschlagenen Behandlungen in klinischen Studien erprobt werden, bleibt abzuwarten.

Quelle: Shapiro MB et al.: Single-dose bNAb cocktail or abbreviated ART post-exposure regimens achieve tight SHIV control without adaptive immunity. Nature Communications 2020. DOI: 10.1038/s41467-019-13972-y aerzteblatt.de, 7.1.2020 DHZ

 

 

Rubrik: 1. Lebensjahr

Erscheinungsdatum: 13.01.2020