Metanalyse

Fiebermessen oft ungenau

  • Die Körpertemperatur rektal zu messen, ist einfach und vor allem genauer, als Methoden einer peripheren Temperaturmessung.

  • Fieberthermometer für die periphere Körpertemperaturmessung in Ohr, Mund oder Achsel messen nicht genau genug und sind daher für die klinische Praxis nicht geeignet, wenn aus der Bestimmung der Temperatur weitere diagnostische oder therapeutische Maßnahmen resultieren. Zu diesem Ergebnis kommen David Niven und seine KollegInnen vom Department of Critical Care Medicine am Peter Lougheed Centre in Calgary. Sie hatten nach der Auswertung mehrerer Studien festgestellt, dass die rektale Temperaturmessung, die für die meisten Menschen gut machbar ist, genauere Ergebnisse liefert.

    Als Datengrundlage wurden prospektive Studien mit peripheren Thermometern herangezogen, die die Temperatur am Trommelfell, im Mund, in der Axilla oder über Infrarot an der Temporalarterie messen. Sie wurden mit Thermometern verglichen, die die Körperkerntemperatur erfassen. Dazu zählen Messungen über einen Katheter in der Pulmonalarterie, der Harnblase oder der Speiseröhre und die weniger aufwändige Messung im Rektum. 

    Eingeschlossen wurden schließlich 75 Arbeiten mit insgesamt 8.682 Patienten. Die in die Metaanalyse einbezogenen Studien waren allerdings sehr unterschiedlich, nicht alle waren randomisiert, einige hatten zu wenige TeilnehmerInnnen eingeschlossen.

    Als klinisch akzeptabel galt eine klinisch definierte Temperaturdifferenz von 0,5 °C. Besonders bei PatientInnen mit Fieber waren die Abweichungen besonders hoch. Von circa 1,45 °C bei Erwachsenen und fast 2 °C bei Kindern. Bei einer Hypothermie waren die Schwankungen noch größer und lagen bei Erwachsenen -2,07 bis -1,9 °C.

    Die Studienergebnisse zeigen, dass die meisten der handelsüblichen peripheren Thermometer die Körpertemperatur nicht genau genug anzeigen. Das zeigte sich vor allem bei hohem Fieber und Hypothermie, bei denen es zu Abweichungen von ein bis zwei Grad Celsius gegenüber der Körperkerntemperatur kam. Eine unzuverlässige Messmethode kann zu folgenschweren Verzögerungen beispielsweise bei der Antibiotikagabe führen. Deswegen sollte immer die Körperkerntemperatur bestimmt werden. Dabei ist die rektale Messung die am wenigstens invasive Methode mit Ergebnissen, die dem Goldstandard der internen Temperaturmessung über die Pulmonalarterie entsprechen.

    Das bedeutet, dass vor allem bei Neugeborenen nicht auf die rektale Temperaturmessung verzichtet werden sollte. Aber auch bei Frauen mit fraglichen Infektionszeichen sollte auf die wenig invasive Untersuchung zurückgegriffen werden, bevor zu einer Medikation gegriffen wird.

    (Niven, D.J. et al.: Accuracy of Peripheral Thermometers for Estimating Temperature: A Systematic Review and Metaanalysis. Annals of Internal Medicine. 163(10):768-777/2015; http://annals.org/article.aspx?articleid=2470325)

    Rubrik: Medizin & Wissenschaft

    Erscheinungsdatum: 20.11.2015