Nichtinvasiver Pränataltest

Geburtenrate von Kindern mit Trisomie 21 sinkt

  • Die Geburtenrate von Kindern mit einer Trisomie 21 könnte auch durch den nicht-invasiven Pränataltest sinken.

  • Der Nichtinvasive Pränataltest (NIPT) könnte zu einem Rückgang der Lebendgeburten mit Trisomie 21 führen.

    Vor fünf Jahren konnte ein Team um Brian Skotko vom Massachusetts General Hospital in Boston Zahlen für die USA zusammentragen. Dort hat die invasive Pränataldiagnostik zu einem Rückgang der Lebendgeburten um 30 % geführt. Jetzt legt das Team – nach 3-jährigen Recherchen – erstmals einen europaweiten Über­blick vor.

    In Europa werden demnach jährlich durchschnittlich 8.031 Kinder mit Trisomie 21 geboren, was einer Prävalenz von 10,1 auf 10.000 Lebendgeburten entspricht. Ohne elektive Schwangerschaftsabbrüche würden jährlich 17.331 Kinder mit Trisomie 21 zur Welt kommen oder 21,7 auf 10.000 Lebendgeburten. Die Reduktion der Lebendgeburten beträgt 54 %.

    Sie ist von Land zu Land sehr unterschiedlich. In Malta, wo ein Schwangerschaftsabbruch strikt verboten ist, beträgt die Reduktion 0 %, in Irland sind es trotz Restriktionen 8 %. In Spanien mit einer sehr permis­siven Gesetzgebung werden 83 % der Kinder mit Trisomie 21 nicht geboren. Generell werden in Süd­europa mehr Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen (71 %) als in Westeuropa (59 %), Nordeuropa (51 %) und in Osteuropa (38 %).

    Die niedrige Rate in den früheren Ostblockländern hängt nach Einschätzung von Skotko weniger mit religiösen und ethischen Vorbehalten zusammen als mit der lange fehlenden Infrastruktur. In Westeuropa gibt es Unterschiede zwischen Ländern mit vergleichbarem Wohlstand. In Dänemark, wo die Pränataldia­gnostik zur Regelversorgung gehört, beträgt die Reduktion 42 %, in den Niederlanden, wo die Frauen zunächst nach ihren Präferenzen gefragt werden, kommen nur 20 % weniger Kinder mit Trisomie 21 zur Welt, als ohne Pränataldiagnostik zu erwarten gewesen wäre. In Deutschland beträgt die Reduktion 26 %.

    Die Gesamtzahl aller geborenen und ungeborenen Kinder mit Trisomie 21 war nach dem Krieg bis in den Baby-Boom der 1970er Jahre hinein gesunken, weil die Frauen früher Kinder bekommen haben. Seither ist es zu einem deutlichen Anstieg gekommen, weil viele Familien die Geburt des ersten Kindes hinausschieben.

    Die Zahl der Menschen mit Trisomie 21 steigt, weil die Lebenserwartung dank der besseren medizi­nischen Versorgung deutlich gestiegen ist. Menschen mit Trisomie 21 werden heute vielfach über 50 und auch über 60 Jahre alt.

    Quelle: Skotko BG et al.: Estimation of the number of people with Down syndrome in Europe. European Journal of Human Genetics 2020. Doi: https://doi.org/10.1038/s41431-020-00748-y · aerzteblatt.de, 29.12.2020 · DHZ

    Rubrik: Politik & Gesellschaft

    Erscheinungsdatum: 30.12.2020