Schleswig-Holstein

Geburtshilfe Niebüll vorläufig geschlossen

Nach dem Aus für die Geburtshilfe auf Sylt und Föhr wurden zum 1. Juli auch die Kreißsäle in der Niebüller Klinik geschlossen. Der Grund ist laut Angaben des Klinikums Nordfriesland ein akuter Mangel an Hebammen. Zwar soll die Schließung laut Geschäftsführer Christian von der Becke nur vorübergehend sein, jedoch scheint daran kaum jemand zu glauben.

Das Klinikum will weiterhin versuchen, die Anzahl der Beleghebammen so weit aufzustocken, „dass der Betrieb absehbar wieder aufgenommen werden kann“.

Sogar in Dänemark, der Schweiz und Österreich waren Anzeigen geschaltet und Hebammenschulen kontaktiert worden, um die personelle Lücke in Niebüll zu schließen. „Der Fall ist ein weiteres Puzzleteil der Zentralisierung der Geburtshilfe im Land, der auch politisch forciert wird“, meint Margret Salzmann, Vorsitzende des Hebammenverbands Schleswig-Holstein. „Die Tendenz geht dahin, dass Stationen mit unter 500 Geburten im Jahr in naher Zukunft geschlossen werden, aus wirtschaftlichen Gründen.“ Preetz, Ratzeburg und Geesthacht seien ihrer Einschätzung nach ebenfalls Wackelkandidaten.

Wurde in Schleswig-Holstein zu wenig ausgebildet? Haben die Schließungsgerüchte abgeschreckt? „Wir haben genug Hebammen im Land“, sagt Salzmann. Mit knapp 600 Mitgliedern sei der Verband derzeit sogar so stark wie lange nicht. „Aber die meisten sind gezwungen, Nebenjobs nachzugehen, weil sie sonst nicht über die Runden kommen.“

Viele Kliniken stellen nur noch Beleghebammen ein, Freiberuflerinnen, die für eine gewisse Anzahl Stunden auf der Station tätig sind, ihre Berufshaftpflicht aber selbst tragen.

Wo eine Hebamme in der Regel sieben bis acht Frauen im Monat betreut, sind es dann nur noch eine bis zwei. So komme es vermehrt zu Versorgungslücken im Land. „Die Vergütung muss dringend angehoben werden“, mahnt sie auch mit Blick auf die Zukunft ihres Berufsstandes – denn die Zeiten von 1.000 Bewerberinnen für 20 Plätze in der Kieler Hebammenschule seien längst Vergangenheit.

(shz.de, 29.6.2016, 2.7.2016)

Rubrik: Regionales

Erscheinungsdatum: 11.07.2016