Systematisches Review

Hebammenarbeit in der Geburtsphase – was hilft den Frauen wirklich?

  • Eine aufrechte Gebärhaltung wird mit einer verkürzten Geburtsdauer in Verbindung gebracht.

  • Die Hebammenbetreuung von Gebärenden während der Geburtsphase unterscheidet sich aufgrund unterschiedlicher Ausbildungen und kultureller Hintergründe. Das Ziel einer systematischen Übersichtsarbeit bestand darin, Evidenzen für die bestmögliche Betreuung während der Geburtsphase zu evaluieren. Hierzu wurden 6.382 Referenzen aus 6 Datenbanken gescreent, die bis September 2019 veröffentlicht wurden. Als Ergebnis wurden 17 Publikationen für die Übersichtsarbeit berücksichtigt und weiter evaluiert.

    Vier Themenkomplexe wurden identifiziert, die aufzeigen, was Frauen während der Geburtsphase wirklich hilft und wofür Evidenzen für das Handeln einer Hebamme vorliegen: Gebärhaltung, nichtpharmakologische Schmerzlinderung, „Pushing“-Techniken, Vermeidung mütterlicher Geburtsverletzungen.

    Im Bereich der Gebärhaltungen wird die aufrechte Haltung mit einer verkürzten Geburtsdauer in Verbindung gebracht. Besonders die tiefe Hocke wird als Gebärposition benannt, die als schmerzlindernd empfunden wird und dabei eine leichte und gut anwendbare Position darstellt. Erstgebärende erleben in der tiefen Hocke seltener eine Episiotomie und häufiger einen Dammriss ersten und zweiten Grades, wobei die Evidenzlage für Dammrisse dritten und vierten Grades unklar bleibt.

    Bei den nicht-pharmakologischen Schmerzlinderungsmethoden durch Hebammen zeigten zwei Studien Evidenzen auf: Als effektiv schmerzlindernd wurde von Gebärenden eine Wärmeanwendung auf den mütterlichen Dammbereich empfunden. Dabei wurde ein Wärmepad in eine sterile Kompresse gewickelt und von der Hebamme auf den mütterlichen Damm gelegt, wobei die Einwirkzeit mindestens fünf Minuten umfasste.

    Zudem wurde eine TENS-Anwendung – die transkutane elektrische Nervenstimulation – als effektiv schmerzlindernd unter erstgebärenden Frauen empfunden.

    Im Bereich der „Pushing“-Techniken wurde die Valsalva-Pressatmung mit drei bis vier angeleiteten Pressaktivitäten der Mutter mit einer spontanen mütterlichen Pressatmung verglichen, die häufigere und kürzere Pressphasen umfasste. Die Literatur dazu erwies sich allerdings als uneinheitlich. So wurden in einem Cochrane-Review keine Aussagen hinsichtlich der besten Technik aus mütterlicher und kindlicher Sicht getroffen, wohingegen eine Publikation aufzeigte, dass die spontane „Pushing“-Technik die sicherste Methode aus Sicht der kindlichen Gesundheit darstelle.

    Zur Vermeidung mütterlicher Dammverletzungen wurden Hands-on- und Hands-off Techniken verglichen. Die aktuelle Evidenzlage hierzu umfasst, dass ein Cochrane-Review keine klare Empfehlung hinsichtlich einer verwendeten Technik zulässt, da die Evidenzlage unklar in Bezug auf das Vorliegen eines intakten Perineums bleibt. Auch in diesem Bereich zeigte sich die Effektivität der Auflage warmer Kompressen, wobei unklar bleibt, ob die Kompressen oder die Entscheidung zu Hands-on oder Hands-off signifikante Einflüsse auf die Art und Weise mütterlicher Geburtsverletzungen hat.  

    Die AutorInnen schlussfolgern, dass ihre Ergebnisse Relevanz für die Bereiche der Hebammenausbildung und auch für die weitere Forschung haben und ermutigen dazu, diese anzugehen.

    Quelle: Healy M, Nyman V, Spence D et al.: How do midwives facilitate women to give birth during physiological second stage of labour? A systematic review. PLoS One 2020. 15(7): e0226502 DHZ

     

     

    Rubrik: Geburt

    Erscheinungsdatum: 21.09.2020