Medizinrecht

Keime sind im Krankenhaus überall

Infizieren sich PatientInnen in einem Krankenhaus mit einem multiresistenten Keim, wurden möglicherweise die erforderlichen Hygienemaßnahmen nicht eingehalten. Aber kann die Klinik oder die Hebamme für die Infektion verantwortlich gemacht werden? Der Nachweis ist in der Regel schwer zu führen. Eventuell ist die Patientin selbst Überbringerin der Keime. PatientInnen mit entsprechend sensiblem Gesundheitszustand oder Vorerkrankungen haben ein höheres Risiko sich zu infizieren. Das ist bei Schwangeren erwartungsgemäß niedrig, bei Frühgeboren beispielsweise aber sehr hoch.

Eine Infektion mit dem Multiresistenten Staphylococcus Aureus (MRSA) kann tödlich ausgehen. Sie führt eventuell zur Sepsis und schließlich zum Tod durch multiples Organversagen.Ist es erforderlich, beispielsweise Schwangere und Eltern von Frühgeborenen über das Risiko des Krankenhauskeims aufzuklären. Und handelt es sich um eine Pflichtverletzung, wenn das nicht geschieht?

Ein Urteil des Oberlandesgerichts Naumburg (AZ 1 U 119/11) aus dem Jahr 2012 bestätigt: Ärzte müssen über das Infektionsrisiko durch Krankenhauskeime nicht extra aufklären. Es bestehe immer und überall ein generelles Risiko, dass ein Patient sich mit Keimen infiziert. Außerdem sei es weit verbreitet, dass man sich gerade bei einem Klinikaufenthalt mit einem Krankheitserreger infizieren könne. Über diese generelle Infektionsgefahr müsse nicht aufgeklärt werden.

Eine explizite Aufklärungspflicht gilt nur bei Operationen mit einem Infektionsrisiko. Dies wäre bei einer geplanten Sectio tatsächlich gegeben. Doch welchen Ausweg aus dem Dilemma gäbe es? Welche Alternative bestünde für Eltern von Frühgeborenen, bei denen der Aufenthalt in der Klinik unvermeidbar ist?

Die Kliniken sind mit diesem Urteil keineswegs von ihrer Hygienepflicht befreit. Berechtigte Entschädigungsforderungen werden davon nicht berührt.

Anmerkung: Es wäre interessant zu sehen, ob sich etwas im Bewusstsein von Schwangeren verändern würde, wenn sie beim Geburtsplanungsgespräch über das Risiko einer Infektion mit Krankenhauskeimen aufgeklärt würden. Würden wir mehr ambulante Geburten oder Hausgeburten sehen? Würden sich weniger Frauen für eine primäre Sectio bei "weicher Indikation" entscheiden?

(Müller, D.: Tod durch Krankenhauskeim. http://www.anwaltsregister.de/Anwaltstipps/Aerzte_muessen_ueber_das_Infektionsrisiko_durch_Krankenhauskeime_nicht_extra_aufklaeren.d822.html/DHZ)

Rubrik: Recht

Erscheinungsdatum: 29.06.2015