Männliche Opfer sexualisierter Gewalt leiden unter »doppeltem Tabu«
Die ausgeweitete Beratung in Hessen speziell für männliche Opfer sexualisierter Gewalt trifft nach Angaben der Anbieter auf gute Resonanz. Für betroffene Jungen und Männer gibt es insgesamt deutlich weniger Hilfsangebote als für Mädchen und Frauen.
Hessen will diese Lücke schließen – vor wenigen Monaten wurden bei einer »Kick-off«-Veranstaltung vier neue Betroffenen-Anlaufstellen in Wiesbaden, Gießen, Darmstadt und Kassel vorgestellt.
Diese Beratungsstellen haben sich mit staatlicher Förderung für Männer und Jungen geöffnet, die in ihrer Kindheit oder Jugend von sexualisierter Gewalt betroffen sind oder waren. »Das Angebot wird angenommen«, sagt Barbara Behnen von »Wildwasser Gießen«, einer Beratungsstelle gegen sexuellen Missbrauch. Nach ihrer Einschätzung ist es für Männer oft ungewohnt, über Gefühle zu sprechen. Für sie sei es oft schwierig, zu sagen »Ich bin Opfer geworden« und nicht beispielsweise: »Ich habe mit meinem Onkel dummes Zeug gemacht«.
Die Geschäftsführerin von Wildwasser Wiesbaden, Anika Nagel, spricht von einem »doppelten Tabu« – und meint damit sexualisierte Gewalt und männliche Betroffenheit. Männer täten sich schwerer damit, Hilfen in Anspruch zu nehmen, weil es nach wie vor unter anderem das geschlechterspezifische Stereotyp gebe, dass Jungen sich selbst wehren. Aber ein Kind könne sich niemals aus eigener Kraft aus sexualisierter Gewalt befreien, sagt Nagel.
Quelle: dpa, 11.8.2024 · DHZ