Hands-off, Tönen oder warme Kompressen?
Perineale Verletzungen während der Geburt können das Wohlbefinden und Geburtserlebnis der Gebärenden negativ beeinflussen. Sie sollten daher vermieden werden: Während der Geburt soll eine perineale Unterstützung erfolgen. Kürzlich wurde in diesem Zusammenhang die aktuelle Evidenzlage zu den Methoden während der Geburt in einem Cochrane-Review evaluiert.
Eingeschlossen wurden 17 randomisiert-kontrollierte Studien (n=13.695 Frauen) aus elf Ländern. Untersucht wurden verschiedene perineale Unterstützungsmethoden während der Geburt in Zusammenhang mit auftretenden Geburtsverletzungen, Blutungen und anderen geburtshilflichen Komplikationen.
Hands-off
Der Verzicht auf einen klassischen Dammschutz beim Gebären (Hands-off-Technik), führt möglicherweise zu wenig bis keinen Unterschieden hinsichtlich des Auftretens von Dammrissen zweiten Grades (RR 0,73, 95%CI 0,32-1,64). Die Evidenzlage wird unsicher hinsichtlich des Auftretens von Dammrissen dritten oder vierten Grades beurteilt (RR 1,27, 95%CI 0,05-5,27). Hands-off scheint wenig bis keinen Einfluss auf das Auftreten postpartaler Blutungen sowie wenig bis keinen Unterschied bezüglich des Auftretens perinealer Schmerzen zu haben.
Tönen
Tönen kann zu einem selteneren Auftreten von Dammrissen zweiten Grades beitragen (RR 0,56, 95%CI 0,23-1,38). Gebärende können mit dem Tönen zu einer höheren Zufriedenheit mit ihrer Geburt finden, jedoch wird die Qualität der Evidenzlage sehr gering eingestuft.
Warme Kompressen
Die Anwendung warmer Kompressen führt vermutlich zu einer effektiven Schmerzlinderung direkt im perinealen Bereich während der Geburt. Die Anwendung führt jedoch zu wenig bis keinen Unterschieden in Bezug auf das Auftreten von Dammrissen zweiten Grades (RR 0,94, 95%CI 0,72-1,21). Warme Kompressen tragen vermutlich dazu bei, dass Dammrisse dritten und vierten Grades seltener auftreten (RR 0,46, 95%CI 0,27-0,79).
Perineale Massage
Die perineale Massage scheint wenig bis keinen Einfluss auf das Auftreten von Dammrissen zweiten Grades zu haben (RR 1,04, 95%CI 0,16-2,02). Die Evidenzlage wird unsicher bezüglich des Auftretens von Dammrissen dritten und vierten Grades beurteilt.
Kombination aus perinealer Massage und Anwendung warmer Kompressen
Eine Kombination aus der Anwendung einer perinealen Massage und warmen Kompressen trägt vermutlich zu seltener auftretenden Dammrissen zweiten Grades bei (RR 0,63,95%CI 046-086). Die Evidenzlage wird unsicher in Bezug auf das Auftreten von Dammrissen dritten Grades beurteilt. Vermutlich trägt eine kombinierte Anwendung aus perinealer Massage und warmen Kompressen zu einer größeren mütterlichen Zufriedenheit (MD 0,4, 95%CI -0,01-0,81).
Fazit
Die Autor:innen schätzen die Evidenzlage zur Wirksamkeit perinealer Techniken sehr unsicher ein. Sie kritisieren, dass nur sehr wenige Studien über das Auftreten postpartaler Blutungen, über Erfahrungen von Frauen oder unerwünschte Ereignisse berichten. Daher empfehlen sie die Durchführung weiterer, groß angelegter Studien, um die Effektivität perinealer Techniken weiter zu evaluieren.
Quelle: Dwan, K., T. Fox, V. Lutje, T. Lavender and T. A. Mills (2024). Perineal techniques during the second stage of labour for reducing perineal trauma and postpartum complications. Cochrane Database Syst Rev 10(10): CD016148. https://www.cochrane.org/CD006672/PREG_perineal-techniques-during-second-stage-labour-reducing-perineal-trauma ∙ Beate Ramsayer/DHZ