Nabelentzündung nach Lotusgeburt
Eine Lotusgeburt beschreibt die Geburt eines Kindes, bei der die Nabelschnur nach der Geburt nicht durchtrennt, sondern belassen wird. In der Praxis bedeutet dies, dass die Nabelschnur und die Plazenta so lange mit dem Kind verbunden bleiben, bis die Nabelschnur abtrocknet und von allein abfällt. Hierzu wurde im Journal of Midwifery & Women´s Health ein Fallbericht veröffentlicht, bei dem es nach einer Lotusgeburt zu einer Nabelinfektion des Neugeborenen kam.
C. P., eine 23-jährige III Gravida/II Para stellt sich zur Geburt in einem Krankenhaus in der 41+2 Schwangerschaftswoche mit dem Wunsch nach einer Lotusgeburt vor. Ihre Anamnese umfasst eine komplikationsarme Schwangerschaft ohne medizinische Auffälligkeiten, jedoch eine positive Besiedlung der Vagina mit b-Streptokokken. C. P. lehnt während der Schwangerschaft Labortests aufgrund religiöser Überzeugungen ab. Die Aufnahme in die Klinik erfolgt mit Wehentätigkeit nach einem Blasensprung, der ungefähr eine Stunde zurückliegt. Bei der Aufnahme in die Klinik ist der Muttermund 8 cm eröffnet, das Fruchtwasser klar. Ihr Kind wird rasch und unkompliziert mit Apgar-Werten von 9 (nach einer Minute) und 9 (nach 5 Minuten) bei einem Geburtsgewicht von 3.260 Gramm geboren. Aufgrund des Wunsches der Mutter wird das Kind nicht abgenabelt, sondern die Plazenta nach der Geburt in einen Plastikbehälter gelegt und am Kind belassen.
Am ersten Lebenstag zeigt das Neugeborene eine 1,5 cm große ringförmige Rötung im Nabelbereich. Von pädiatrischer Seite wird daraufhin eine Antibiotikatherapie empfohlen, die jedoch von C. P., ebenso wie die Durchtrennung der Nabelschnur abgelehnt wird. Im Tagesverlauf bleibt das Kind hämodynamisch unauffällig ohne Temperaturanstieg, jedoch vergrößert sich das gerötete Areal auf 2–3 cm oberhalb des Nabels. Der Nabel verändert die Konsistenz, er wird berührungsempfindlich. Aufgrund der Bedenken hinsichtlich einer Nabelinfektion stimmt C. P. daraufhin der Durchtrennung der Nabelschnur von der Plazenta zu und einer kombinierten 10-tägigen Antibiotikatherapie durch Ampicillin, Gentamycin und Clindamycin. Die Plazenta wird aufgrund des Wunsches der Mutter histologisch nicht weiter untersucht. Das Neugeborene bleibt hämodynamisch unauffällig und die Rötung geht im Verlauf vollständig zurück.
Die Autorin zeigt im Rahmen einer Literaturrecherche auf, dass bislang lediglich 4 Publikationen zu Lotusgeburten vorliegen, in denen 13 Fallberichte enthalten sind. Bei diesen 13 Lotusgeburten kam es in 4 Fällen zu Komplikationen beim Neugeborenen. Sie zieht daraus das Resümee, dass keine Evidenzen zur Sicherheit dieser Methode vorlägen, jedoch ein verlängerter Kontakt mit der Nabelschnur und der Plazenta bei einer Lotusgeburt zu einem erhöhten Infektionsrisiko beizutragen scheine. Sie verweist darauf, dass bei der Betreuung einer Lotusgeburt sorgfältig auf Infektionszeichen, Rötungen im Nabelbereich und allgemeines Verhalten des Neugeborenen zu achten sei.
Steer-Massaro C: Neonatal Omphalitis After Lotus Birth. J Midwifery Womens Health 2020. DOI: 10.1111/jmwh.13062 ∙ DHZ