DFH

Öffentliche Anhörung zur Zukunft der Hebammen

Anlässlich einer geplanten Gesetzesänderung und Anträgen der Fraktionen der LINKEN und Bündnis90/die GRÜNEN hatte der Gesundheitsausschuss des Bundestages am 25. März zur Anhörung Sachverständige der beteiligten Berufsgruppen und Institutionen eingeladen. Der umfangreiche Entwurf der Bundesregierung eines „Gesetzes zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung“ sieht etliche Maßnahmen vor, die zu einer verbesserten flächendeckenden Versorgung der Versicherten beitragen sollen, unter anderem die Stärkung der Kompetenzen der Pflege, umfassende Erleichterungen für Ärzte der Allgemeinmedizin und weitere Flexibilisierungen der Rahmenbedingungen im medizinischen Sektor.

Für die Hebammen ist jedoch lediglich im Falle eines durch sie verursachten Schadens vorgesehen, einen Regress der Sozialversicherungen im Falle leichter Fahrlässigkeit auszuschließen. Dies ist insofern von Bedeutung, weil es aufgrund der Ungleichbehandlung im Vergleich mit anderen Berufsgruppen zu Gunsten der Hebammen verfassungsrechtliche Bedenken gab. Durch diese Regelung verspricht man sich von Seiten der Regierung eine mittelbare Senkung der Prämien durch eine Senkung der Schadenssummen. 

Erwartungsgemäß nahm die Diskussion um die Berufshaftpflichtversicherung einen sehr breiten Raum ein. Das geplante Modell wurde von den befragten Sachverständigen kritisch gesehen, da in der vorgesehenen Form kaum ein nennenswerter Effekt auf die Haftpflichtprämien zu erwarten sei. Darüber hinaus wurde auch die Möglichkeit einer Versicherung analog zur gesetzlichen Unfallversicherung angesprochen.

Von der Entwicklung der Berufshaftpflichtversicherung sind auch andere im Gesundheitsmarkt tätige Berufsgruppen zunehmend betroffen. Leider wurde im Rahmen der Anhörung versäumt, die schlechten strukturellen Rahmenbedingungen zu beleuchten, die dafür verantwortlich sind, dass die Belastung für Hebammen die anderer Berufsgruppen bei weitem übersteigt und existenziell bedrohliche Ausmaße angenommen hat.

Deshalb forderte der Deutsche Fachverband für Hausgeburtshilfe schon bei früheren Gelegenheiten für Hebammen aktive Mitgestaltungsmöglichkeiten ihrer beruflichen Rahmenbedingungen durch Beteiligung in Gremien, die einen maßgeblichen Einfluss auf ihre Arbeitsbedingungen nehmen, zum Beispiel im Gemeinsamen Bundesausschuss, im Institut für Qualität und Transparenz und in der AWMF. 

In Ermangelung definierter Richtlinien und Qualitätskriterien für die Hebammentätigkeit – was zum Beispiel auch die derzeitigen Vergütungsverhandlungen bis hin zum Stillstand erschwert – fordern nun der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft (GDV) und die Spitzenverbände der Krankenkassen (GKV-SV) gesetzliche Regelungen. Der GDV fordert, dass Hebammen die Berufsanerkennung zu entziehen ist, wenn sie die Qualitätsanforderungen nach § 134 a Absatz 1a nicht erfüllen. Der GKV-SV – mit Hinweis auf das Fehlen eines Gemeinsamen Bundesausschusses – fordert eine Erweiterung des § 24 SGB V in dem Sinne, dass bei der Entscheidung über den Geburtsort die Interessen des Kindes gleichberechtigt neben die der Mutter gestellt werden müssen

Der Deutschen Fachverband für Hausgeburtshilfe (DFH e.V.) weist derartige Ambitionen geburtshilflich nicht qualifizierter Akteure in die berufliche Autonomie der Hebammen und in das Selbstbestimmungsrecht der sich ihnen anvertrauenden Frauen aufs Schärfste zurück.

Den Qualitätsbegriff vorwiegend unter pragmatischen Gesichtspunkten zu definieren, ergibt keinen Aufschluss zur Qualität der Hebammenhandlungen an sich, sondern liefert nur Informationen im Hinblick auf die Ziele, die politisch erreicht werden sollen. Fragwürdigen Konzepten, welche bei der Qualitätssicherung wirtschaftliche Aspekte, Effektivität und Effizienz gleichsetzen mit fachlicher Kompetenz, wird der DFH entschieden entgegentreten.

Zudem ist es perfide, die Rechte des Ungeborenen den Rechten Schwangerer entgegenzustellen und die Schwangere über ihr eigenes Kind beispielsweise bei der Wahl des Geburtsortes unter Druck zu setzen. Wird diese Ausrichtung politisch und ärztlicherseits weiter verfolgt, werden schwangere Frauen ihrer Grundrechte beraubt.

Die Entwicklung, dass das Ungeborene separat von seiner Mutter gesehen wird, sieht der DFH ausgesprochen kritisch. Sie wurde durch den Einsatz technischer Apparaturen wie CTG und Ultraschall sowie anderer medizintechnischer Verfahren begünstigt, die Einzug in Schwangerenbetreuung und Geburtshilfe gehalten haben und äußert sich zum Beispiel in Schlagworten wie „Der Fetus als Patient“, ein in den letzten Jahren zunehmend beliebtes Motto perinatologischer Kongresse. Der DFH ist der Überzeugung, dass die Schwangere und ihr ungeborenes Kind eine physiologische Einheit sind, als solche nicht getrennt betrachtet werden dürfen und das Wohl des Ungeborenen primär über seine Mutter als seine natürliche Anwältin zu schützen ist.

(Pressemitteilung DFH, 8.4.2015)

Rubrik: Politik & Gesellschaft

Erscheinungsdatum: 16.04.2015