US-amerikanische Studie

Entwickeln sich Pandemie-Babys langsamer?

  • Welchen Einfluss es auf das Kind hat, wenn die Mutter in der Schwangerschaft mit Corona infiziert war, bedarf noch weiterer Forschung - auch nach der Pandemie.

  • In der Corona-Pandemie geborene Kinder entwickeln sich einer US-Studie zufolge in den ersten sechs Monaten etwas langsamer als Vor-Corona-Babys. Besonders betroffen sind Beweglichkeit und soziale Fähigkeiten. Welchen Einfluss es auf das Kind hat, wenn die Mutter in der Schwangerschaft mit Corona infiziert war, das sollte durch eine Studie untersucht werden. Schließlich wisse man, so die Kinderärztin Dani Dumitriu, eine der Autorinnen der Studie, dass bei anderen Infektionen das Immunsystem der Mutter derart aktiviert werde, dass die Babys geschädigt würden.«

    Das war der Ausgangspunkt der Untersuchung. Zu ihrer Überraschung aber konnten die Forscher:innen bei Corona »nichts dergleichen« feststellen: »Was die Entwicklung des Kindes angeht, gibt es keinen Unterschied, ob die Mutter in der Schwangerschaft infiziert war oder nicht.«

     

    Wo die Pandemie-Kinder schlechter abschnitten

     

    Zusammen mit Lauren Shuffrey von der New Yorker Columbia University verglich Dumitriu die Daten von 255 Babys, die zwischen März und Dezember 2020 während der Pandemie auf die Welt gekommen waren, mit den Daten einer Gruppe Neugeborener vor dem Corona-Ausbruch. »Da haben wir festgestellt, dass die Pandemie-Kinder nach sechs Monaten bei Grob- und Feinmotorik sowie sozialen Fähigkeiten etwas schlechter abschnitten«, sagt Dumitriu. Besonders signifikant sei der Unterschied bei den Kindern, deren Mütter im ersten Trimester der Schwangerschaft waren, als die Pandemie ausbrach. »Hier ist der Entwicklungsunterschied gegenüber der historischen Kohorte am größten«, sagt die Kinderärztin.

    Warum das so ist, darauf könne die Studie keine zuverlässige Antwort geben, sagt Dumitriu. Aber: »Aus der Forschung an Tieren und Menschen wissen wir, dass Stress während der Schwangerschaft Einfluss auf die Entwicklung des Fetus hat. Und je früher in der Schwangerschaft dieser Stress auftritt, umso wahrscheinlicher tritt auch dieser Effekt auf.«

     

    Belastende Unsicherheit

     

    Die beiden Forscherinnen untersuchten die Entwicklung von Babys, die sehr früh in der Pandemie geboren wurden. In einer Zeit, in der die Unsicherheit und der damit verbundene Stress für die Mütter besonders groß war. Doch auch jetzt noch seien Schwangere Corona-Stress ausgesetzt. »Der erste Stress war besonders intensiv, der Stress des Unbekannten. Dafür gibt es jetzt eine andere Art von Stress, der auch Auswirkungen auf die Entwicklung der Babys haben könnte«, sagt Dumitriu.
    »Wir stecken jetzt schon fast zwei Jahre in dieser Pandemie. Wir sind mitten in einer neuen Welle. Wir wissen vielleicht ungefähr, wie wir uns verhalten müssen. Aber dafür leiden viele jetzt unter einer überwältigenden Erschöpfung«, so die Forscherin.

     

    Noch nicht absehbare langfristige Folgen

     

    Doch es könnte auch positive Aspekte geben, sagt Shuffrey – etwa, dass Eltern mehr Zeit zu Hause mit ihren Babys verbringen könnten, weil sie nicht ins Büro pendeln müssen. »So etwas könnte zu einer besseren Entwicklung zumindest mancher Kinder führen. Das werden wir in weiteren Studien untersuchen«, so die Co-Autorin.

    Grund zu allzu großer Sorge besteht nach Ansicht der Forscherinnen ohnehin nicht. Zum einen seien die festgestellten Entwicklungs-Unterschiede zwischen Pandemie- und Vor-Corona-Babys nur gering. Zum anderen handle es sich um ein sehr frühes Entwicklungsstadium. »Nichts ist in Stein gemeißelt. Wir haben noch so viel Zeit, um zu intervenieren. Deshalb ist diese Forschung so wichtig. Nicht um irgendwas Schlimmes vorherzusagen, sondern damit wir schnell eingreifen können, um die Entwicklung dieser Kinder zu beeinflussen.«

    Quelle: tagesschau, 21.1.2022 · DHZ

    Rubrik: 1. Lebensjahr

    Erscheinungsdatum: 02.02.2022