Passgenaue geburtshilfliche Versorgung etablieren
In einem Statement äußert sich Ulrike Geppert-Orthofer, Präsidentin des Deutschen Hebammenverbandes (DHV), aus Anlass des Welttags der Patientensicherheit am 17. September wie folgt: »Der DHV unterstützt mit großem Nachdruck das Motto des diesjährigen Welttags der Patientensicherheit ›Sichere Diagnose – Richtige Behandlung‹. Denn bei der Geburtshilfe sowie bei der Betreuung in Schwangerschaft und Wochenbett ist Deutschland von diesem Ziel nach wie vor weit entfernt.«
Zu oft sei diese wichtige Lebensphase von Über-, Unter- und Fehlversorgung der Schwangeren und ihrer Familien geprägt, so die Präsidentin: »Wir müssen endlich weg vom ›Viel-hilft-viel‹, von Risiko-Fokussierung und von der primären Finanzierung von Interventionen. Stattdessen müssen wir die Bedürfnisse von Frauen und Familien in den Mittelpunkt stellen und ihnen eine passgenaue Betreuung zukommen lassen.«
Die Realität sehe allerdings anders aus: Auch gesunde Frauen bekämen bereits in der Schwangerschaft – häufig nicht evidenzbasiert – zu viele Untersuchungen angedient. Über 80 % der Frauen werde eine risikobehaftete Schwangerschaft diagnostiziert. In den Kliniken führten falsch gesetzte wirtschaftliche Anreize oft zu frühen Eingriffen in den natürlichen Geburtsverlauf. Dadurch starteten Interventionskaskaden bis hin zu medizinisch nicht notwendigen Kaiserschnitten. In der Summe führe diese Art der Versorgung zu erheblichen physischen und psychischen Langzeitfolgen für Mutter und Kind. Dies sei weder ein verantwortungsvoller Einsatz von Ressourcen, noch die richtige und passende Behandlung.
Ihr Appell laute daher: »Wir brauchen in Deutschland eine Geburtshilfe, die sich zuallererst am Bedarf der Frauen und Familien im Sinne einer passgenauen, evidenzbasierten Versorgung ausrichtet. Dafür sollten die Expertise und Kompetenzen aller beteiligten Berufsgruppen unvoreingenommen voll ausgeschöpft werden.«
Die Problematik der Überversorgung in der Schwangerenvorsorge werde durch die Ergebnisse des aktuellen Versorgungskompasses zur Geburtshilfe und Hebammenversorgung in Deutschland des BARMER-Instituts für Gesundheitssystemforschung deutlich aufgezeigt. Gesunde Schwangere erhielten demnach ungefähr genauso viele Untersuchungen wie Schwangere mit medizinischen Risikofaktoren. Risiken von Untersuchungen würden in Kauf genommen und zu viel Diagnostik führe zu unnötigen bis schädlichen Interventionen. Zu den Details: BARMER-Analyse »Zu viele Untersuchungen bei Schwangeren ohne medizinischen Grund?«
Weitere Informationen: Aktionsseite des Aktionsbündnis Patientensicherheit e.V. (APS): www.tag-der-patientensicherheit.de
Quelle: DHV, 16.9.2024 ∙ DHZ