Datenanalyse aus den USA

Nutzung der Präimplantationsdiagnostik stark gestiegen

  • Eine Präimplantationsdiagnostik kommt in den USA mittlerweile bei fast der Hälfte der IVF-Zyklen zum Einsatz.

  • Die Nutzung von Präimplantationsdiagnostik (PID) hat in den USA signifikant zugenommen. Wurden im Jahr 2014 noch 17,2 % der durch In-Vitro-Fertilisation (IVF) entstandenen Embryonen gene­tisch untersucht, lag der Anteil im Jahr 2018 bereits bei 44,9 %. Die PID wird bei der IVF genutzt, um Embryonen auf chromosomale Aneuploidien zu screenen. Allerdings gibt es Zweifel an ihrer Sinnhaftigkeit, da in Studien vorwiegend Patientinnen mit günstiger Prognose eingeschlossen wurden. Bedenken gibt es auch hinsichtlich der Kosten, des Risikos für falsch-positive Ergebnisse und einer Schädigung des Embryos.

    Die American Society for Reproductive Medicine zum Beispiel sieht keine ausreichende Evidenz für die routinemäßige Anwendung der PID gegeben. In Deutschland ist die präimplantative genetische Diag­nostik nur zulässig, wenn ein hohes Risiko für eine schwerwiegende Erbkrankheit besteht oder eine kindliche Schädigung zu erwarten ist, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Tot- oder Fehlgeburt führen würde.

    Die US-Autor:innen um Heather Hipp von der Division of Reproductive Endocrinology and Infertility an der Emory University in Atlanta analysierten eine Datenbank der American Society for Assisted Reproductive Technology, an die die Outcomes von 90 % aller IVF-Zyklen in den USA gemeldet werden. Sie berichten, dass die Zahl der IVF-Eizellentnahmezyklen, bei denen PID zum Einsatz kam, von 18.059 Zyklen in 2014 auf 58.827 Zyklen in 2018 signifikant angestiegen sei.

    Einen signifikanten Zusammenhang gab es zwischen PID und der Chance auf eine Lebendgeburt. Ob sich die PID dabei als vorteilhaft erwies, hing auch vom Alter der Frauen ab. Bei Frauen unter 35 Jahren lag die kumulative Lebendgeburtenrate mit PID bei 52,9 %, ohne PID aber bei 54,9 %. Dies war unabhängig von der Zahl der entnommenen Eizellen. Bei älteren Frauen dagegen waren die kumulativen Lebendgeburtenraten in den IVF-Zyklen, in denen PID zum Einsatz kam, höher als in den Zyklen ohne PID.

    Dass die PID mittlerweile bei fast der Hälfte der IVF-Zyklen zum Einsatz komme, könnte daran liegen, dass immer mehr ältere Frauen – mit einem höheren Risiko für Aneuploidien – versuchten, mithilfe einer IVF schwanger zu werden, schreiben Hipp und ihre Kolleg:innen. Aber auch die Berichte über höhere Lebend­geburtenraten mit PID bei Patientinnen mit günstiger Prognose könnten dafür verantwortlich sein.

    »Dass die PID auch bei jüngeren Frauen so häufig zum Einsatz kommt, passt nicht zu ihren relativ niedri­gen Raten an Aneuploidien«, so die Forschungsgruppe. Hinzu komme, dass die kumulative Lebendgebur­tenrate bei ihnen mit PID sogar niedriger gewesen sei.

    Hipp und ihre Kolleg:innen kommen zu dem Schluss, dass angesichts der weit verbreiteten Anwen­dung der PID ihr Nutzen und ihre Risiken in spezifischen Patientengruppen unbedingt weiter erforscht werden müssten.

    Quelle: Quelle: Hipp, H. et al. (2022). Trends and Outcomes for Preimplantation Genetic Testing in the United States, 2014-2018. JAMA, doi: 10.1001/jama.2022.1892 ∙ aerzteblatt.de, 7.4.2022 ∙ DHZ

    Rubrik: Schwangerschaft

    Erscheinungsdatum: 08.04.2022