Politische Hilfe für freiberufliche Hebammen: Nichts Halbes und nichts Ganzes
Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe hat den lange erwarteten Abschlussbericht der Interministeriellen Arbeitsgruppe zur Versorgung mit Hebammenhilfe vorgelegt. Darin werden der Ist-Zustand der Hebammenhilfe und insbesondere die dramatische Entwicklung der Prämien zur Berufshaftpflicht zutreffend beschrieben. Nachhaltige und langfristig angelegte Schlussfolgerungen im Sinne einer politischen Lösung werden in dem Bericht sowie einem Begleitschreiben des Ministers jedoch kaum gezogen.
Aus Sicht des Bundes freiberuflicher Hebammen Deutschlands e.V. (BfHD) ergeben sich auf Grundlage der Vorschläge und Absichtserklärungen des Ministers nur geringfügige Verbesserungen hinsichtlich der prekären Situation der freiberuflichen Hebammen. Es ist die Gelegenheit verpasst worden, mit dem zeitlich ausreichenden Vorlauf bis Mitte 2015 eine grundsätzliche Neustrukturierung des Versicherungs- und Vergütungssystems in Angriff zu nehmen. Die versprochene und begrüßenswerte Datenerhebung zur Versorgungslage ändert an dieser Lage nichts.
Der in Aussicht gestellte „Sicherstellungszuschlag“ zur Vergütung von Hebammen mit geringeren Geburtenzahlen mag in Grenzen hilfreich sein, greift aber zu kurz und führt lediglich die vorhandene Struktur fort. Die im BfHD organisierten rund 1.000 ausschließlich freiberuflich tätigen Hebammen werden nach jetzigem Stand an diesem Zuschlag ohnehin nicht teilhaben können, weil für sie ab Mitte 2015 mangels Versicherer kein Versicherungsschutz mehr gegeben ist und sie somit einem faktischen Berufsverbot unterliegen. Damit läuft auch die Absicht des Ministers, die Versicherungsprämien durch Regressverzichte der Sozialversicherungsträger ein wenig zu senken, ins Leere.
Der Deutsche Hebammenverband e. V. (DHV) als Vertreter von 18.000 überwiegend angestellten Hebammen hatte vorab bekannt gegeben, sein Versicherungskonsortium in der bekannten Systematik, wenn auch zu schwindelerregenden Prämien, über 2015 hinaus fortführen zu wollen. Dieses geschah ganz offenbar unter erheblichem politischen Druck auf deren Versicherer. Die „Vollzugsmeldung“ der DHV-Versicherer hat dem Bundesgesundheitsminister offenbar ausgereicht, den Status quo aufrechtzuerhalten. Aus unbekannten Gründen wurde dem BfHD eine solche "Versicherungslösung“ für seine Mitgliedshebammen nicht zugänglich gemacht.
Damit werden rund ein Drittel der rund 3.000 freiberuflichen Hebammen in Deutschland ab Mitte 2015 gezwungen sein, dem DHV beizutreten, wenn sie ihren Beruf mangels Versicherung nicht aufgeben wollen. Dabei hatte sich vor 30 Jahren der BfHD aus dem DHV heraus gegründet, weil sich viele freiberufliche Hebammen, insbesondere solche, die in der von Schwangeren besonders geschätzten Eins-zu-eins-Betreuung arbeiten, dort nicht repräsentiert sahen und sehen. Dieser eindeutige Protektionismus der Politik zugunsten eines bestimmten Berufsverbandes kann nicht hingenommen werden.
Der BfHD protestiert gegen diese Ungleichbehandlung aufs Schärfste!
(Pressemitteilung BfHD, 30.4.2014)