Proteine für die Hirnreifung sehr frühgeborener Kinder

Frühgeborene, die mehr Protein, Fett, Energie und Muttermilch bekommen hatten, zeigten sieben Jahre später eine reifere Mikrostruktur der weißen Hirnsubstanz.
Die Proteinzufuhr nach einer sehr vorzeitigen Frühgeburt hat bei den Kindern möglicherweise noch im Alter von sieben Jahren Einfluss auf die Hirnreifung. Darauf deutet eine Studie aus Neuseeland hin, deren Ergebnisse jetzt in JAMA Network Open veröffentlicht wurden.
»Es ist bekannt, dass die Proteinzufuhr bei Neugeborenen nach einer sehr vorzeitigen Geburt langanhaltende Effekte auf die Gehirnentwicklung hat. Aber ob diese Effekte mit einer verbesserten oder verschlechterten Hirnreifung assoziiert sind, war ungeklärt«, schreiben Tanya Poppe von der University of Auckland und ihr Team.
Frühgeburten vor der 30. Woche
2007 aktualisierte die Neugeborenen-Intensivstation (NICU) des National Women’s Hospital in Auckland ihr Protokoll für die Ernährung von Neugeborenen, um es an die Empfehlungen der European Society of Paediatric Gastroenterology and Nutrition anzugleichen: Die Proteinzufuhr wurde erhöht, die Flüssigkeitszufuhr dagegen verringert.
Die Forschenden verglichen sehr frühgeborene Kinder (Gestationsalter <30 Wochen oder Geburtsgewicht <1.500 g), die entweder vor oder nach Anpassung des Protokolls auf der NICU des Krankenhauses versorgt worden waren. Es wurde ermittelt, wie viel Protein, Fett, Energie und Muttermilch sie erhielten, von Tag 1–7 und von Tag 1–14 nach der Geburt.
Sieben Jahre später wurde bei ihnen eine Magnetresonanztomografie (MRT) des Gehirns durchgeführt, um das Volumen des Gehirns und die Mikrostruktur der weißen Hirnsubstanz zu beurteilen.
Signifikanter Unterschied im Alter von sieben Jahren
Insgesamt konnten Poppe und ihr Team die Daten von 99 Kindern analysieren, davon waren 42 als Neugeborene nach dem alten Protokoll und 57 nach dem neuen Protokoll versorgt worden. Die Proteinzufuhr (enteral und parenteral) unterschied sich zwischen den beiden Gruppen sowohl an Tag 1–7 (17 g/kg−1 nach altem Protokoll versus 21 g/kg−1 nach neuem Protokoll) als auch an Tag 1–14 (41 g/kg−1 versus 45 g/kg−1). Die Aufnahme anderer Nährstoffe war gleich.
Bei der MRT-Untersuchung der Kinder im Alter von sieben Jahren zeigten sich Unterschiede zwischen den beiden Gruppen. Die nach dem neuen Protokoll mit mehr Protein versorgten Kinder hatten ein geringeres Hirnvolumen relativ zum intrakraniellen Volumen (80 % versus 86 %), aber die absoluten Gehirnvolumina waren gleich.
Die Kinder mit neuem Protokoll hatten darüber hinaus einen signifikant dünneren lateralen Okzipital- und Parietalkortex als die anderen. Die Diffusivität der weißen Hirnsubstanz zeigte keine konsistenten Unterschiede zwischen den Gruppen.
Die Gruppe mit einer höheren Zufuhr an Protein, Fett, Energie und Muttermilch zeigte in der Diffusions-Tensor-Bildgebung eine reifere Mikrostruktur der weißen Hirnsubstanz in fast allen untersuchten Trakten: eine höhere fraktionelle Anisotropie und eine geringere mittlere, axiale und radiale Diffusivität.
»In dieser Kohorte von sehr Frühgeborenen wiesen im Alter von sieben Jahren gemessene Gehirnparameter bei Kindern, die als Neugeborene mehr Protein erhalten hatten, ein reiferes Profil auf«, schlussfolgern die Forschenden. Was die optimale Ernährung von sehr frühgeborenen Babys angehe, sei das letzte Wort noch nicht gesprochen. Die Studie deute darauf hin, dass eine erhöhte Proteinzufuhr die Reifung des Gehirns nachhaltig fördere.
Quelle: Poppe, T., Tottman, A. C., Gamble, G. D., Jiang, Y., Silva, A. E., Nguyen, L., Harding, J. E., Alsweiler, J. M., Thompson, B., & PIANO study group (2025). Neonatal Nutrition and Brain Structure at 7 Years in Children Born Very Preterm. JAMA network open, 8(1), e2456080. https://doi.org/10.1001/jamanetworkopen.2024.56080 · aerzteblatt.de, 3.2.2025/DHZ