Amerikanische Studie

Provozieren Xenobiotika eine Frühgeburt?

  • Laut einer amerikanischen Studie könnte eine Metabolom-Analyse die Vorhersage einer Frühgeburt verbessern.

  • Die meisten Ursachen von Frühgeburten sind nicht bekannt. Frühere Studien hatten jedoch gezeigt, dass die mikrobielle Besiedlung der Vagina eine Rolle spielen könnte. Die M&M-Studie (»Motherhood and Micro­bio­me«) hat in der 20. bis 24. Woche Vaginalabstriche von 232 Schwangeren untersucht, von denen später 80 eine Frühgeburt hatten. Drei Viertel der Teilnehmerinnen waren Afroamerikanerinnen, bei denen Frühgebur­ten deutlich häufiger sind als bei Amerikanerinnen mit europäischen Vorfahren.

    In der Studie wurde nicht wie in früheren Studien, die mikrobielle Zusammensetzung (Mikrobiom) untersucht, sondern eine größere Zahl von Stoffwechselprodukten, die von den Mikroorganismen, aber auch von der Schleim­haut stammen können. Das Team um Maayan Levy von der Perelman School of Medicine in Philadelphia entdeckte in den Vaginal­abstrichen jedoch auch Substanzen, die weder in Mikroorganismen noch im menschlichen Körper vorkommen und deshalb als Xenobiotika bezeichnet werden.

    Dazu gehörten Diethanolamin (DEA), Ethylglucosid, Tartrat und EDTA, die in 95 % der Abstriche vorhanden waren. DEA ist ein Grundstoff in der chemischen Industrie, der unter anderem in Wasch- und Reinigungs­mit­teln enthalten ist. Ethylglucosid findet sich ebenfalls in Hygieneprodukten und Kosmetika auf alkoholischer Basis. Das gleiche gilt für Tartrat und EDTA, die zu den Nahrungszusatzstoffen zählen und als unbedenklich eingestuft werden.

    Eine erhöhte Konzentration dieser Xenobiotika in der Vaginalflüssigkeit war in der Studie jedoch mit einem erhöhten Risiko auf eine Frühgeburt verbunden. Diese Assoziationen waren bei den Afroamerikanerinnen deutlicher, was auf unterschiedliche Gewohnheiten in der Intimpflege hinweist oder auf die Verwendung anderer Pflegemittel, die aus welchen Gründen auch immer einen höheren Gehalt an Xenobiotika haben.

    Hinzu kommt, dass einige Xenobiotika offenbar eine Wechselwirkung mit Stoffwechselprodukten der Bakte­rien wie Tyramin haben. Das biogene Amin steht im Verdacht, die Kontraktilität der Uterusmuskulatur zu be­ein­flussen. Denkbar erscheint, dass die Xenobiotika die Zusammensetzung des Mikrobioms verändern und sich dies dann auf das Frühgeburtsrisiko auswirkt. Dies alles sind, wie Levy eingesteht, Spekulationen. Die Studie ermittele nur Assoziationen und könne allein keine Kausalität herstellen. Auffallend ist allerdings, dass die Beobachtungen eine recht gute Vorhersage einer Frühgeburt ermöglichen.

    Quelle: Levy et al. (2023). Preterm birth is associated with xenobiotics and predicted by the vaginal metabolome. Nature microbiology. doi: 10.1038/s41564-022-01293-8 ∙ aerzteblatt.de, 17.1.2023 ∙ DHZ

    Rubrik: Medizin & Wissenschaft

    Erscheinungsdatum: 18.01.2023