Randomisiert-kontrollierte Multicenter-Studie aus Schweden

Schwangerschaftsabbruch in Eigenregie?

  • Schwangerschaftsabbrüche werden in Ländern, in denen sie legal oder straffrei sind, zunehmend mit Medikamenten ambulant durchgeführt.

  • Viele Schwangerschaftsabbrüche können auch nach der 12. Woche ambulant durchgeführt werden, wenn die Schwangeren die beiden dafür notwendigen Medikamente vorher zu Hause einnehmen. Dies kam in einer randomisierten Studie aus Schweden heraus, wo ein Schwangerschaftsabbruch bis Ende der 18. Gestationswoche legal ist. Die Ergebnisse wurden in Lancet publiziert.

     

    Mifepriston plus Misoprostol

     

    Schwangerschaftsabbrüche werden in Ländern, in denen sie legal oder straffrei sind, zunehmend mit Medikamenten durchgeführt. Die Frauen nehmen zunächst eine Tablette mit dem Wirkstoff Mifepriston ein. Nach 24 bis 48 Stunden wenden die Frauen Misoprostol vaginal – oder auch an der Mundschleimhaut – an. Innerhalb weniger Stunden wird die Schleimhaut zusammen mit dem Embryo ausgestoßen.

    Der medikamentöse Schwangerschaftsabbruch hat in vielen Zentren die frühere mechanische Ausschabung des Uterus ersetzt. Die Corona-Pandemie hat diese Tendenz beschleunigt. In einigen Ländern erhalten die Frauen die Medikamente nach einer telemedizinischen Beratung per Rezept in der Apotheke.

    In den ersten Wochen kann der Schwangerschaftsabbruch in Eigenregie durchführt werden. In Schweden ist dies in den ersten 10 Gestationswochen möglich. Bis zur 12. Woche wird der Abbruch ambulant durchgeführt, danach stationär. Die PRIMA-Studie hat untersucht, ob ein ambulanter Abbruch auch zwischen der 12. und 22. Gestationswoche noch möglich ist – nach der 18. Woche ist dies in Schweden nur bei einer medizinischen Indikation erlaubt.

     

    Die Studie

     

    An 6 Kliniken erhielten 435 Frauen bei einem ersten Termin in der Klinik eine Tablette Mifepriston, die sie zu Hause einnehmen sollten. Die Hälfte der Frauen erhielt zudem eine Dosis Misoprostol, die sie nach 24 bis 48 Stunden anwenden sollten und zwar 2 Stunden bevor sie erneut die Klinik aufsuchten.

    Die andere Gruppe begab sich bereits für die erste Misoprostoldosis in die Klinik. In beiden Gruppen entscheiden Ärzt:innen, ob weitere Dosierungen von Misoprostol notwendig sind, wenn es noch nicht zu ausreichenden Kontraktionen gekommen ist.

    Wie zu erwarten, verkürzte die Anwendung von Misoprostol die Aufenthaltsdauer in der Klinik um fast drei Stunden. Dies hatte zur Folge, dass der Schwangerschaftsabbruch bei 156 von 220 Frauen (71 %) innerhalb von 9 Stunden abgeschlossen war. Bei diesen hätte der Schwangerschaftsabbruch nach Einschätzung von Johanna Rydelius von der Universität Göteborg auch ambulant durchgeführt werden können.

    In der Vergleichsgruppe, in der die erste Dosis Misoprostol erst in der Klinik verabreicht wurde, war dies nur bei 99 von 215 Frauen (46 %) der Fall. Die Differenz von 24,9 %-Punkten war mit einem 95 %-Konfidenzintervall von 15,4 bis 34,3 %-Punkten signifikant.

    Die Anwendung von Misoprostol in den frühen Morgenstunden vor dem Aufsuchen der Klinik könnte dem­nach den Anteil der ambulanten Schwangerschaftsabbrüche auch in den Wochen 12 bis 22 erhöhen. Allerdings befand sich die Hälfte der Frauen noch vor der 15. Woche, so dass die Ergebnisse nach Einschätzung der Editorialistin Heidi Moseson von Ibis Reproductive Health in Oakland nur für diese Gruppe repräsentativ sein dürften.

     

    Ergebnisse

     

    Die Einleitung des Schwangerschaftsabbruchs in der heimischen Wohnung hat sich in der Studie als sicher erwiesen. Er trat bei zwei Frauen allerdings schon ein, bevor sie die Klinik erreichten. Dort benötigten die meisten ein bis drei weitere Misoprostolanwendungen, einige sogar insgesamt mehr als acht. Bei jeder zehnten Frau war der Schwangerschaftsabbruch auch nach 24 Stunden noch nicht abgeschlossen.

    Zu einer schwerwiegenden Komplikation, die einen chirurgischen Eingriff erforderlich machte, kam es bei 6,4 % der Frauen, die die erste Misoprostoldosis zu Hause angewendet hatten, gegenüber 8,5 % in der Krankenhausgruppe. Insgesamt 86 % in der »Heimgruppe« und 81 % in der Krankenhausgruppe waren am Ende sehr zufrieden mit der Behandlung.

    Quelle: Rydelius, J., Hognert, H., Kopp-Kallner, H., Brandell, K., Romell, J., Zetterström, K., Teleman, P., & Gemzell-Danielsson, K. (2024). First dose of misoprostol administration at home or in hospital for medical abortion between 12-22 gestational weeks in Sweden (PRIMA): a multicentre, open-label, randomised controlled trial. Lancet (London, England), 404(10455), 864–873. https://doi.org/10.1016/S0140-6736(24)01079-1 · aerzteblatt.de, 4.9.24 · DHZ

    Rubrik: Schwangerschaft

    Erscheinungsdatum: 11.09.2024