Fachtagung von pro familia

Schwangerschaftsberatung: ein Schweizer Taschenmesser mit vielen Funktionen

Auf einer Fachtagung von pro familia diskutierten die TeilnehmerInnen darüber, wie praxistauglich die gesetzlichen Regelungen sind und vor welchen Herausforderungen die Schwangerschaftsberatungsstellen heute stehen.

20 Jahre nach der gesetzlichen Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs haben sich Politik, Gesellschaft, Schwangerschaftsberatung und auch die Frauen selbst mit dem Gesetz arrangiert. „Die professionelle Schwangerschaftsberatung erfüllt alle gesetzlichen Vorgaben, ohne die Rechte der Frauen aus den Augen zu verlieren“, erklärte die Bundesvorsitzende Prof. Dr. Daphne Hahn. „An unserer Haltung, dass Frauen über ihren Körper und über Familienplanung selbst bestimmen sollen, hat sich auch durch die Einführung der Pflichtberatung vor einem Schwangerschaftsabbruch nichts geändert. Frauen brauchen die Möglichkeit, über ihre gewollte oder ungewollte Schwangerschaft zu sprechen. Sie brauchen aber keine Bevormundung, wie sie sich entscheiden.“

Auf der pro familia Fachtagung befassten sich die Teilnehmenden mit der Schwierigkeit, dass die ergebnisoffene Beratung in § 5 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes ausdrücklich gewünscht wird, während der § 219 formuliert, dass die Frau zur Fortsetzung der Schwangerschaft ermutigt werden soll.

Ein weiteres Thema war die immer breitere Palette von Themen, die die Schwangerschaftsberatung heute abdecken muss. „Eine Referentin brachte es auf den Punkt: Schwangerschaftsberatung ist wie ein Schweizer Taschenmesser, das für jedes Thema und für jeden Zweck eine eigene Funktion hat. Neben der Beratung bei Fragen zu körperlichen Veränderungen, zu Vorsorgeleistungen für Schwangere und zur Pränataldiagnostik nehmen die Information über finanzielle Leistungen für Schwangere und junge Familien einen immer größeren Raum ein. Dazu kamen in den letzten Jahren Aufgaben im Bereich Frühe Hilfen und Vertrauliche Geburt. SchwangerschaftsberaterInnen bringen eine breite Kompetenz für jedes dieser Themen mit und können so auf individuelle Fragen eingehen“, so Hahn.

Im Umgang mit dem Thema Schwangerschaftsabbruch wünschten sich die TeilnehmerInnen der Fachtagung mehr Offenheit und Rahmenbedingungen, die das Recht von Frauen, sich für einen Schwangerschaftsabbruch zu entscheiden, bekräftigen. „Stattdessen sind fachliche Informationen zum Schwangerschaftsabbruch rar und Informationen, welcher Arzt oder welche Ärztin den Eingriff überhaupt durchführt, nur schwer zu bekommen. Frauen, die sich zu einem Schwangerschaftsabbruch bekennen, laufen noch immer Gefahr, dafür moralisch verurteilt zu werden. Zusammengenommen mit der Tatsache, dass der Schwangerschaftsabbruch neben Mord und Totschlag im Strafgesetzbuch angesiedelt ist, bleibt ein bitterer Nachgeschmack, auch wenn sich alle Beteiligten mit dem gesetzlichen Kompromiss eingerichtet haben“, so Hahn.

Die pro familia Fachtagung fand im Rahmen der Bundesdelegiertenversammlung am 30. und 31. Mai 2015 in Offenbach am Main statt. Die Delegierten bestätigten Verena Mörath, Berlin, als stellvertretende Vorsitzende für eine zweite Amtszeit. Als Nachfolger von Uwe Saulheimer-Eppelmann, Mainz, wurde Dr. Dirk-Oliver Kaul, Kronberg im Taunus, in das Amt des Schatzmeisters gewählt.

(pro familia, 1.6.2015)

Rubrik: Schwangerschaft

Erscheinungsdatum: 16.06.2015