Randomisiert-kontrollierte Studie aus den Niederlanden

Sectio: Spiegelt das Darmmikrobiom den Zeitpunkt der Antibiotikagabe?

  • Der Zeitpunkt der Antibiotikagabe, vor oder nach der Sectio, spielt für das kindliche Mikrobiom keine Rolle. Im Vergleich zur vaginalen Geburt gibt es jedoch deutliche Unterschiede in der Darmbesiedlung.

  • Der Zeitpunkt einer Antibiotikagabe beim Kaiserschnitt wird kontrovers diskutiert: Erfolgt diese vor dem Hautschnitt, gelangt Antibiotika zur Mutter und zum ungeborenen Kind. Befürworter:innen argumentieren, dass ein Kind bei einer möglichen Infektion gleich »mitbehandelt« werde. Die Gegenargumentation lautet, dass es sich um eine vermeidbare und überflüssige Belastung des Kindes handele.

    Erfolgt die Antibiotikagabe nach dem Abnabeln des Kindes, wirkt die Antibiotika lediglich bei der Mutter und nicht beim Kind. Die kontroverse Diskussion spiegelt sich auch in den Leitlinien wider. In der aktuellen NICE-Guideline wird eine antibiotische Behandlung der Mutter vor dem Hautschnitt empfohlen, wohingegen die Vorgängerversion eine antibiotische Behandlung der Mutter nach dem Abnabeln empfahl.

    Das Ziel einer randomisiert-kontrollierten Studie aus den Niederlanden lag darin, die Auswirkungen einer intraoperativen Antibiotikagabe zu verschiedenen Zeitpunkten auf die mikrobiotische Besiedlung des kindlichen Darms zu untersuchen: Kommt es zu einer unterschiedlichen kindlichen mikrobiellen Darmbesiedlung, je nachdem, ob die Mutter vor oder nach dem Abnabeln mit einem Antibiotikum behandelt wurde?

    Eingeschlossen wurden 63 Frauen, die zwischen März 2015 und November 2017 in einer niederländischen Klinik entweder per primärer Sectio auf Wunsch oder spontan geboren hatten. Frauen der Studiengruppe (n=20) wurden per Sectio auf Wunsch entbunden und erhielten Antibiotika (1500 mg Cefuroxim) 30 Minuten vor der Hautinzision. Frauen der ersten Kontrollgruppe wurden per Sectio auf Wunsch entbunden und erhielten Antibiotika (1500 mg Cefuroxim) nach dem Abklemmen der Nabelschnur (n=20). Frauen der zweiten Kontrollgruppe hatten eine Spontangeburt ohne Antibiotikagabe (n=23). Die fäkale Mikrobiota wurden beim Säugling am ersten und siebten Tag sowie nach 28 Tagen und drei Jahren untersucht. Durchgeführt wurden Gensequenzierungen kindlicher Stuhlproben.

    Es zeigten sich große Unterschiede der mikrobiellen Besiedlung des Darms zwischen Kindern, die per Sectio und vaginal geboren wurden. In beiden Gruppen der Kinder, die per Sectio geboren wurden, wurden weniger Arten an Bifidobakterien festgestellt. Gleichzeitig lagen mehr Proteobakterien vor. Diese Unterschiede konnnten nach drei Jahren nicht mehr festgestellt werden. Zu keinem Untersuchungszeitraum lagen statistisch signifikante Unterschiede des Mikrobioms zwischen den beiden Gruppen der Kinder vor, die per Sectio geboren wurden.

    Die Autor:innen schlussfolgern aus ihren Ergebnissen, dass die Kolonisation des Mikrobioms stark durch den Geburtsmodus beeinflusst wird. Jedoch scheint der Zeitpunkt der Antibiotikagabe eine untergeordnete Rolle zu spielen, da zwischen den beiden Untersuchungsgruppen der Kinder, die per Sectio geboren wurde, keine signifikanten Unterschiede in Bezug auf die Zusammensetzung des kindlichen Darm-Mikrobioms festgestellt werden konnten.

    Quelle: Dierikx T et al.: Influence of timing of maternal antibiotic administration during caesarean section on infant microbial colonisation: a randomised controlled trial. Gut 2021; https://doi.org/10.1136/gutjnl-2021-324767 ∙ National Institute for Health and Clinical Excellence. Caesarean Section (NICE guideline 132). Updated September 2019, 2011. https://www.nice.org.uk/guidance/cg132 ∙ DHZ

    Rubrik: Geburt

    Erscheinungsdatum: 02.12.2021