Standardisierte simulationsbasierte Prüfung im Hebammenstudium

Simuliert und praxisnah

Im Hebammenstudium wird die reale »Examensgeburt« durch eine simulationsbasierte Prüfung ersetzt. Wie eine solche Prüfung abläuft, wie sie vorbereitet und ausgewertet wird, hat das Universitätsklinikum Tübingen im Bachelor-Studiengang Hebammenwissenschaft schon seit 2018 erprobt. Das Format wird kritisch beleuchtet, seine Stärken und Schwächen, Risiken und Chancen werden diskutiert. Liselotte Braun | Prof. Dr. rer. nat. Claudia Plappert | Anja Wiesegart

Hebammen werden seit 2020 in einem dual praxisintegrierenden Studium ausgebildet. Mit dem neuen Hebammengesetz (HebG) im Januar und der veränderten Hebammenstudien- und Prüfungsverordnung (HebStPrV) gewinnt die »Objective Structured Clinical Examination« (OSCE) in der Hebammenwissenschaft immer mehr an Bedeutung. Besonders einschneidend verändert wurde die staatliche Prüfung der Geburt: Früher als »Long-case«-Prüfung im Kreißsaal als reale Geburtsbetreuung aufgesetzt, soll sie nun als simulationsbasierte Prüfung an der Hochschule stattfinden. Mit geburtshilflichen Modellen und Simulationspersonen wird diese Prüfung in einem möglichst realitätsnahen Szenario durchgeführt, losgelöst vom klinischen Setting (Bundesgesetzblatt, 2020).

Das Prüfungsformat ist nicht neu. Die OSCE wurde erstmalig 1975 im British Medical Journal von Ronald M. Harden vorgestellt (Harden, 1975). Es gibt aber keine allgemeingültige und einheitliche Definition (Chenot et al., 2003). Die OSCE ist eine kompetenzorientierte, evidenzbasierte State-of-the-Art-Prüfung. Sie gehört seit vielen Jahren zu den etablierten Prüfungsverfahren im Studium der Humanmedizin und gilt als Goldstandard für die Überprüfung des sogenannten Theorie-Praxis-Transfers. Durch die Neuordnung der Hebammenausbildung als Bachelorstudium und die Einführung von simulierten Prüfungen rückt dieses Verfahren in den Mittelpunkt.

Im Vordergrund der Prüfung steht die Performanz der Studierenden, anders als bei theoretischen Prüfungen. Es geht also darum, den Theorie-Praxis-Transfer zu zeigen, der theoretisch in den Vorlesungen und praktisch in Skills, Gruppenanleitungen und Praxiseinsätzen gelernt wurde. Vereinfacht gesagt ist es ein Prüfungsformat, in dem eine reale Betreuungssituation in einer der Praxis nachempfundenen Umgebung schauspielerisch und mit möglichst realitätsnahen Materialien simuliert wird. In Tübingen sind OSCE seit dem Start des Bachelorstudiengangs Hebammenwissenschaft im Jahr 2018 elementarer Bestandteil des modularen Prüfungswesens.

 

Kennzeichen des OSCE- Formats

 

Die OSCE findet in Tübingen als Prüfung am Ende der Module statt, in denen der Fokus auf der spezifischen Hebammentätigkeit liegt und in denen die Studierenden eine akademische Praxisanleitung erfahren. Insgesamt absolvieren sie etwa neun simulierte Prüfungen vor der staatlichen Prüfung. Ziel ist die Überprüfung, ob die Studierenden die im Praxiscurriculum für jedes Semester definierten Lernziele erreichen.

Im Praxiscurriculum des B.Sc. Hebammenwissenschaft in Tübingen für den berufspraktischen Teil des Studiums wurde ein Instrument der Lernergebnistaxonomie entwickelt, modifiziert nach Bloom, Anderson et al. und Dave (Bloom, 1976; Anderson et al., 2001; Dave, 1968). Diese erlaubt eine Betrachtung jeder Praxistätigkeit – sei sie einfach oder komplex gestaltet – in drei Dimensionen, die letztlich das Lernergebnis umfassend beschreibt. Diese sind Dimension »Denken«, Dimension »Fühlen«, und Dimension »Handeln« (siehe Tabelle; Graf et al. 2020). Die Lernergebnisse können so kompetenzorientiert auf einer Metaebene beschrieben und bewertet werden, ohne dass eine kriteriengeleitete, differenzierte Darstellung einzelner Praxistätigkeiten notwendig ist. Die Taxonomie, also die kompetenzspezifische Einstufung hilft, jede praktische Tätigkeit entsprechend des angestrebten Lernergebnisses des Semesters zu definieren. Hier lassen sich Lernstufen auf Niveaus von einfach bis komplex einordnen. Dies ermöglicht, den berufspraktischen Teil des Studiums kontinuierlich zu begleiten, zu betrachten und zu überprüfen.

Die OSCE in Tübingen sind so konzipiert, dass sie den hierarchischen Stufen der Lernergebnistaxonomie in Abhängigkeit des jeweiligen Semesters entsprechen (Schlegel, 2018). Damit ist gewährleistet, dass die OSCE weder über- noch unterfordert. In den ersten beiden Semestern stehen eher deklaratives Wissen, Verrichtungen sowie regelgeleitetes Handeln im Vordergrund. Eine Situation wird in diesem Stadium als Summe gleichwertiger Einzelheiten begriffen, was bedeutet, dass die Studierenden noch nicht klar bestimmte Aspekte priorisieren können. Mit zunehmender Praxiserfahrung wird die Komplexität der OSCE sukzessive gesteigert. Dann stehen kontextgebundenes und prozessorientiertes Handeln im Vordergrund der Prüfung. Gegen Ende des Studiums wird in den Prüfungsszenarien ein situationsbezogenes Handeln vorausgesetzt. Mit der Kompetenzerweiterung steht zunehmend das Können im Vordergrund. Das »Können« ist damit die Fertigkeit, eine Situation als vollständiges Ganzes zu erfassen und bestimmte Aspekte, wenn nötig, zu priorisieren (Braun et al., 2019).

 

Wie wird aus Vorlesung und Praxisausbildung eine OSCE?

 

Die Herausforderung liegt darin, eine Prüfungsszene zu erstellen, die in einem konstruierten Fall eine komplexe, realitätsnahe Situation abbildet. Die Studierenden sollen ihre Kompetenzen in verschiedenen Bereichen in der Prüfung demonstrieren und verschiedene Lehrinhalte wiedergeben. Die theoretischen Grundlagen wurden den Studierenden im Rahmen der curricularen Lehre an der Hochschule vermittelt.

Praktische Erfahrungen bringen die Studierenden aus den Praxiseinsätzen auf den Stationen und den Kreißsälen der Kliniken mit, in denen sie eingesetzt sind. Aufgrund der verschiedenen Einsatzorte sind die Studierenden möglicherweise nicht auf einem einheitlichen Wissensstand. Deshalb werden die thematischen Inhalte einer OSCE aus den Vorlesungen, den Gruppenanleitungen und Skills gebildet, die von der Hochschule geleitet werden. Mit der folgenden exemplarischen OSCE soll die Transformation der in Vorlesungen enthaltenen Praxisinhalte in einer praktischen Prüfung dargestellt werden.

Thema der OSCE aus dem zweiten Fachsemester: »Betreuung der Plazentageburt und Erstversorgung des Neugeborenen«.

 

Abbildung 1: Familiarisierung: Die Studierenden machen sich mit der Simulationsumgebung und dem bereitgestellten Simulationsmaterial vertraut.

Fotos und Abbildungen: © Liselotte Braun und Anja Wiesegart. Hinweis: Alle Bilder sind aus datenschutzrechtlichen Gründen von den Autorinnen nachgestellt

Bezogen auf die Taxonomie der Lernergebnisse werden im Denken »reproduktive Kenntnisse und Erfassen, Verwerten und Erläutern von Faktenwissen« erwartet, im Fühlen »Wahrnehmung von Gefühlen und Reagieren auf Gefühle« und im Handeln »direkte, verbale, visuelle oder taktile Anleitung ohne Vorgabe der Struktur«.

Die gesamte Prüfung dauert 30 Minuten, wovon die ersten 5 Minuten zur mündlichen Vorstellung der Fallgeschichte und Familiarisierung dienen (siehe Abbildung 1). Letztere dient dazu, dass sich die Studierenden mit der Simulationsumgebung und dem bereitgestellten Simulationsmaterial vertraut machen können. Dabei unterstützt die Familiarisierung die Studierenden, sich auf die bevorstehende Simulation einzulassen (Kolbe et al., 2018).

Aufgabenstellung

»Herzlich willkommen [Name Studierende:r] zur heutigen OSCE. Das Thema des Prüfungsszenarios lautet ›Plazentarphase und Erstversorgung des Neugeborenen‹. Es handelt sich um ein zweiteiliges Szenario.

Sie betreuen Frau Häberle als Studierende:r im Kreißsaal eines Hauses der Versorgungsstufe IV. Frau H. ist eine 34-jährige III G, II P. Sie hat vor 15 Minuten in der 39+4 SSW spontan ein Mädchen aus II. Vo. HHL in tiefer Hocke geboren. Es wurde bereits abgenabelt. Die Schwangerschaft und Geburt von Frau H. verliefen komplikationslos. Der APGAR des Neugeborenen lautet 8/10/10. Zudem ist sie Rh-positiv.

Ihre Aufgabe ist es nun, die Plazentarperiode zu leiten. Nach Ertönen eines Signals führen Sie im zweiten Teil bitte die Erstuntersuchung am Neugeborenen durch.«

Die Studierenden können sich während der Vorstellung der Fallgeschichte Notizen und in den ersten fünf Minuten mit der

 

Abbildung 2: Erhebung der Plazenta­lösungszeichen am Teilmodell (MamaBirthie®).

Situation im Prüfungsraum vertraut machen, um einen ersten Eindruck des Szenarios zu gewinnen. Auf einem Tisch liegen verschiedene Materialien und Instrumente, die die Studierenden inspizieren können. Darunter befinden sich neben den für das Prüfungsszenario notwendigen Materialien Distraktoren (siehe Abbildung 2). Die im vorgestellten Szenario agierende Schauspielerin befindet sich bereits im Raum und ist für das Szenario präpariert, aber noch nicht aktiv in ihrer Rolle.

Durch ein Signal wird den Studierenden nach Ablauf der ersten fünf Minuten der Start der prüfungsrelevanten Zeit signalisiert. Die bewertete Prüfungszeit beträgt somit 25 Minuten. Die Studierenden agieren im Rahmen ihres Handlungsauftrags unter Berücksichtigung ihres aktuellen Kompetenzniveaus (Bundesgesetzblatt, 2020). Während der Prüfung geben die prüfenden Personen weder Hinweise noch beantworten sie Rückfragen der Studierenden.

Das Szenario

Frau H. wird von einer Schauspielerin simuliert. Die Frau liegt auf dem Bett. Sie trägt ein Teilmodell, das den Schwangerenbauch simuliert und mit der dazugehörigen Plazenta präpariert ist. Aus der Modell-Vagina hängt sichtbar die Nabelschnur. Darunter befindet sich eine Unterlage, auf der bereits eine physiologische Blutung zu sehen ist (siehe Abbildung 2). Die Blutung ist durch Kunstblut dargestellt.

 

 

Abbildung 3: Plazentageburt in tiefer Hocke

Die Studierenden sollen die Plazentarphase leiten und anhand der erhobenen Lösungszeichen erkennen, ob die Plazenta bereits gelöst ist. Bei positiven Lösungszeichen ist es ihre Aufgabe, die Frau zur Plazentageburt anzuleiten und die Plazentaentwicklung durchführen (siehe Abbildung 3). Dazu gehört die verbale und non-verbale Kommunikation mit der Frau, die Berücksichtigung ihrer Bedürfnisse und die Partizipation.

Nach der Geburt der Plazenta sollen die Studierenden als erstes eine Blutungs- und Funduskontrolle durchführen. Nach Erhebung dieser Befunde liegt ein besonderes Augenmerk auf dem Schutz der Intimsphäre der Frau. Die Studierenden sollen den Intimbereich bedecken und die Frau in eine von ihr gewünschte bequeme Position bringen.

Nun ertönt ein weiteres Signal und signalisiert den Studierenden, dass der zweite Teil

 

Abbildung 4: Erstuntersuchung des Neugeborenen

der Prüfung beginnt. Hier besteht die Aufgabe darin, anhand des Modells des Neugeborenen die Erstversorgung und die U1 zu demonstrieren (siehe Abbildung 4). Der Fokus liegt darauf, dass die Untersuchung strukturiert durchgeführt und Frau H. mit einbezogen wird. Frau H. soll während des gesamten Prüfungsszenarios fachlich korrekt, jedoch auf einem angepassten Sprachniveau über das Vorgehen und die Untersuchungsergebnisse informiert werden. Zudem werden der Umgang, die Kommunikation und das Handling des Neugeborenen unter Berücksichtigung der Kinästhetik bewertet.

Organisation der Prüfung

Vorab erhalten die Studierenden Informationen über den zeitlichen Ablauf am Prüfungstag, damit eine Begegnung der Studierenden vermieden wird. Die Studierenden werden randomisiert einer zufälligen Prüfungszeit zugewiesen. Damit wird gewährleistet, dass keine Benachteiligung aufgrund der alphabetischen Reihenfolge oder der Matrikelnummer besteht. Gestaffelt nach der individuellen Prüfungszeit treffen die Studierenden im Simulationszentrum ein. Die zu Prüfenden des Vormittags dürfen den Prüfungsort erst verlassen, wenn die Nachmittagsgruppe eingetroffen ist. Erst dann erhalten die Studierenden ihre zu Beginn der Prüfung eingesammelten Mobiltelefone zurück. So wird garantiert, dass keine prüfungsrelevanten Informationen ausgetauscht werden. Direkt vor und nach Absolvierung der OSCE führen sie eine Evaluation durch. Abhängig von der Größe der zu prüfenden Kohorten finden mehrere Prüfungen zum gleichen Szenario parallel statt, um alle Studierenden an einem Tag prüfen zu können.

Vor der Prüfung erhalten die Schauspielenden in einem gemeinsamen Termin mit den prüfenden Personen eine Einweisung. Die für sie relevanten Auszüge des Manuskripts erhalten sie bereits im Vorfeld, so dass sie ihre Rolle kennen. Im gemeinsamen Briefing werden Fragen und Unklarheiten geklärt und es wird auf mögliche unerwartete Situationen aufmerksam gemacht, damit die Schauspielenden im Prüfungsverlauf in gleicher Weise reagieren können. Mit den Simulatoren können sie sich während der Einweisung vertraut machen.

Die OSCE-Organisation bündelt viele Ressourcen. Die Prüfungsszenen müssen in Anlehnung an das jeweilige Modul geschrieben, die Prüfungsräume vorbereitet und später wieder zurückgebaut werden. Zudem müssen die Studierenden über den genauen Ablauf am Prüfungstag informiert und die Schauspielenden und Prüfenden müssen eingewiesen werden. Für diese müssen im Krankheitsfall Ersatzpersonen bereitstehen.

Durchführung und Bewertung

Der prüfenden Person liegt während der Prüfung ein Manuskript vor, das aus der Einweisung bekannt ist. Inhalt ist die Darstellung der Bildungsinhalte mit Bezug zum Modulhandbuch und Praxiscurriculum, die Beschreibung des Prüfungsszenarios, die genaue Prüfungsaufgabe, die verwendeten Ressourcen inklusive Aufbau der Prüfungsstation, sowie Hinweise zu den Lernergebnissen entsprechend der Lernergebnistaxonomie und dem erwarteten Wissensstand der Studierenden.

 

 

Abbildung 5: Dimensions­räder OSCE-Bewertung

 

Die Bewertung der 30-minütigen Prüfung erfolgt nach der 5-minütigen Orientierungsphase in 5-Minuten-Abschnitten (siehe Abbildung 5). Am Ende der 25-minütigen aktiven Prüfungszeit liegen somit fünf Einzelbewertungen vor, aus denen eine Gesamtbewertung erstellt wird. So wird vermieden, dass am Ende der Prüfung ein pauschales Gesamturteil gefällt wird. Die Bewertung der Fünf-Minuten-Abschnitte erfolgt nach den Vorgaben des Praxiscurriculums in den Dimensionen Denken, Fühlen und Handeln. In jeder Dimension muss die Studierende mindestens drei Punkte erreichen, um zu bestehen. Der Erwartungshorizont ist dem jeweiligen Wissensstand des Semesters angepasst. In den ersten Semestern, in denen der Fokus mehr auf einzelnen Verrichtungen liegt, erfolgt die Bewertung anhand von Checklisten.

Während der OSCE sind die prüfenden Personen »stumme Begleiter:innen« und geben anders als beim freien Üben und den Simulationstrainings den Studierenden kein Feedback.

Diskussion

In Tübingen ist die OSCE nach vier Jahren der Implementierung zu einem vertrauten Prüfungsformat geworden. Die Realitätsnähe ist abhängig von der Detailtreue der Einrichtung, Materialien, eingesetzten Modellen und Schauspielenden, ähnlich wie bei Simulationstrainings. In einem Studium mit hohem Praxisanteil sind Prüfungsformate zur Beurteilung der Fertigkeiten unverzichtbar (Chenot et al., 2003). Die OSCE zeigt eine hohe Augenschein- oder auch Inhaltsvalidität, in fast allen Publikationen wird optimistisch und positiv darüber berichtet, sowohl von Seiten der Studierenden als auch der Lehrenden (Nikendei et al., 2006).

Tabelle: Tübinger Lernergebnis­taxonomie
Quelle: Hill et al. (2022)

Die Validität des hebammenspezifischen OSCE in Tübingen wird wissenschaftlich evaluiert (die entsprechende Publikation ist in Planung). Andere »Long-case«-Prüfungen im klinischen Setting unterliegen vielen Schwankungen, Störgrößen und durch die Variation der Fälle (Intercase-reliability) sind sie kaum objektivierbar und schwer planbar (Chenot et al., 2003). Die standardisierte OSCE-Prüfung soll eine möglichst hohe Objektivität und damit Fairness, Gerechtigkeit und Vergleichbarkeit garantieren. Eine zwangsläufig auftretende Interrater-Reliabilität (das Ausmaß der Übereinstimmungen der Einschätzungsergebnisse bei unterschiedlichen Beobachter:innen) zwischen den verschiedenen Prüfer:innen bewegt sich laut Studien aus dem Medizinstudium im Mittel auf einem vertretbaren Einflussniveau (Graf et al., 2018). Für eine Sensitivität und Spezifität dieses Prüfungsformates ist die Bestehensgrenze entscheidend. Dafür hat sich die Festlegung einer Benchmark (Angoff-Methode) als reliabel und einfach umsetzbar gezeigt (Pant et al., 2010).

 

 

Abbildung 6: Bewertungsbogen OSCE: Die Dimensionsräder bilden farblich die Lernergebnistaxonomiestufen ab. Der Erwartungshorizont in den ersten Semestern ist im gelben Bereich, rot bildet die höheren Semester ab. So wird beispielsweise in der Dimension Handeln im gelben Bereich »Direkte, verbale, visuelle oder taktile Anleitung ohne Vorgabe der Struktur« erwartet, im roten Bereich die »Koordination von Handlungen«. Mithilfe der Räder kann die Bewertung übersichtlich in 5-Minuten-Schritten eingetragen werden. Dadurch wird ersichtlich, ob die Studierenden im, über oder unter dem zuvor festgelegten Erwartungshorizont liegen.

Insgesamt hängt die Qualität der OSCE sehr von der Realitätsnähe des Falles und des dargestellten Szenarios ab. Eine gute Vorbereitung und ein Briefing der prüfenden Personen und der Schauspielenden ist wichtig, um realitätsnahe Szenarien prüfen zu können. Dafür hat sich ein fester Pool von Schauspieler:innen etabliert, die bereits mit den Themen Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett vertraut sind. Auch die Auswahl der Modelle ist wichtig. Einige Themen sind mit Modellen unzureichend abbildbar, wie die Palpation mit den Leopold-Handgriffen. Zudem ist es sehr wichtig, die Schauspielenden einheitlich einzuweisen und mögliche Abweichungen im Prüfungsszenario zu vermeiden. Für die Studierenden ist es ein wesentlicher Aspekt, mit den Modellen und realitätsnahen Simulationen vertraut zu sein. Die Simulationstrainings, die anders als die OSCE in einem geschützten Raum und mit einem anschließenden Debriefing stattfinden, sind laut Aussage der Studierenden der Fakultät eine wesentliche Voraussetzung, um sich sicherer im OSCE-Prüfungsformat zu fühlen. Darüber hinaus hilft das freie Üben unter Begleitung von Praxisanleitenden, den Umgang mit den Modellen zu festigen.

Trotz des hohen Ressourcen- und Zeitaufwandes lohnt es sich, dieses Prüfungsformat zu implementieren. Es ermöglicht ein Heranführen an die simulierte staatliche Prüfung der Geburt. Bei guter Planung und Organisation ist dies auch bei einer großen Studienkohorte realisierbar. Die Kompetenzbereiche lassen sich in diesem Format gut abbilden und überprüfen. Inwieweit die Gütekriterien der Objektivität, Validität und Reliabilität erfüllt werden, ist Gegenstand laufender Studien.

Rubrik: Ausgabe 11/2022

Erscheinungsdatum: 27.10.2022

Literatur

Anderson, L. & Krathwohl, D. (2001). A taxonomy for learning, teaching and assessing. A revision of Bloom’s Taxonomy of educational objectives. Longman.

Bloom, B. (1976). Taxonomie von Lernzielen im kognitiven Bereich. 5. Aufl. Beltz-Studienbuch, Bd. 35. Weinheim.

Braun, L., Struck, A. (2019). Vom Wissen zum Handeln. Die Skillslabmethode in der Hebammenausbildung in Deutschland aus Sicht der Lehrenden und Lernenden. 15. Deutscher Hebammenkongress 2019. Bremen.

Bundesgesetzblatt. (2020). Studien- und Prüfungsverordnung für Hebammen (HebStPrV)Teil I, Nr. 2.

Chenot, J.F. et al. (2003). Objective Structured Clinical Examination (OSCE) in Der Medizinischen Ausbildung: Eine Alternative Zur Klausur ZFA. Zeitschrift für Allgemeinmedizin, 79:437–42.

Dave, R. H. (1968). Eine Taxonomie pädagogischer Ziele und ihre Beziehung zur Leistungsmessung. In: Ingenkamp, K. & Marsolek, Th. (Hrsg.). Möglichkeiten und Grenzen der Testanwendung in der Schule. Beltz.

Graf,...

»