Metaanalyse

Stillen senkt Herz-Kreislauf-Risiko von Frauen

  • Die protektive Wirkung bezüglich kardiovaskulärer Erkrankungen der Frau nimmt augenscheinlich mit der Dauer der Stillzeiten (in der Summe aller Kinder) zu und erreicht zwischen 12 und 48 Monaten ein Plateau.

  • Stillen schützt nicht nur das Neugeborene in den ersten Lebensmonaten vor Infektionen, auch die Mütter erkranken nach den Ergebnissen einer Metaanalyse im Journal of the American Heart Association in den folgenden Jahren seltener an Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

    Expert:innen sind sich einig, dass Muttermilch die beste Nahrung für den Säugling ist. Das Stillen verändert aber auch den Körper der Mutter. Zum einen erleichtert es der Frau, nach der Schwangerschaft ihr früheres Gewicht wieder zu erlangen. Nicht stillende Mütter neigen zu einer bleibenden Gewichtszunahme, was ihr späteres Risiko auf einen Typ-2-Diabetes erhöht, wie bereits in früheren Studien beobachtet wurde. Nachgewiesen werden konnte auch eine günstige Wirkung auf den Blutdruck, der nach dem Ende der Stillzeit oft niedriger ist als bei Frauen, die ihr Kind nicht gestillt haben.

    Einige Verhaltensweisen wie der Verzicht auf Rauchen und Alkohol lassen sich in epidemiologischen Studien berücksichtigen, andere, die die körperliche Bewegung und die Ernährung betreffen, lassen sich nur schwer in Zahlen ausdrücken. Es ist deshalb möglich, dass die gesundheitlichen Vorteile, die ein Team um Peter Willeit von der Medizinischen Universität Innsbruck für Frauen nach dem Stillen ermittelt hat, zumindest teilweise auf andere Ursachen zurückzuführen sind.

    Die Epidemiolog:innen fassen die Ergebnisse aus acht prospektiven Beobachtungsstudien zusammen, die in den Jahren 1986 bis 2009 den Einfluss des Stillens auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen an fast 1,2 Millionen Frauen in Australien, China, Norwegen, Japan und den USA untersucht haben. Während einer Nachbeobachtungszeit von durchschnittlich 10,3 Jahren war es zu 54.226 Herz-Kreislauf-Erkrankungen gekommen, darunter 26.913 koronaren Herzkrankheiten, 30.843 Schlaganfällen und 10.766 tödlichen Herz-Kreislauf-Ereignissen.

    Für Frauen, die nach der Schwangerschaft ihr Kind gestillt hatten, wurde in allen drei untersuchten Endpunkten ein vermindertes Risiko gefunden. Sie erkrankten in den ersten 10 Jahren nach der Schwangerschaft zu 11 % seltener an Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Hazard Ratio/HR 0,89; 95-%-Konfidenzintervall 0,83 bis 0,95), zu 14 % seltener an einer koronaren Herzkrankheit (HR 0,86; 0,78-0,95) und zu 12 % seltener an Schlaganfällen (HR 0,88; 0,79-0,99).

    Ihr Sterberisiko an Herz-Kreislauf-Erkrankungen war insgesamt um 17 % geringer (HR 0,83; 0,76-0,92). Die protektive Wirkung nahm mit der Dauer der Stillzeiten (in der Summe aller Kinder) zu und erreichte zwischen 12 und 48 Monaten ein Plateau. Noch längere Stillzeiten waren selten, was zu einer starken Verbreiterung der 95-%-Konfidenzintervalle führte, die keinen eindeutigen Trend mehr zeigen.

    Eine Einschränkung der Metaanalyse ist, dass die Ergebnisse der einzelnen Studien stark schwankten, ohne dass die Epidemiolog:innen in weiteren Analysen einen Grund dafür finden konnten. Unklar bleibt auch, welche Veränderungen in der Stillzeit genau für die protektiven Assoziationen verantwortlich sind.

    Zusammen mit dem Schutz vor einem Typ-2-Diabetes und vor Krebserkrankungen kann Frauen nur geraten werden, ihre Kinder die empfohlenen sechs Monate zu stillen oder, wenn dies nicht möglich ist, nach der Geburt auf andere Weise auf ihre Gesundheit zu achten.

    Quelle: Tschiderer L et al.: Breastfeeding Is Associated With a Reduced Maternal Cardiovascular Risk: Systematic Review and Meta‐Analysis Involving Data From 8 Studies and 1.192.700 Parous Women. https://doi.org/10.1161/JAHA.121.022746. Journal of the American Heart Association 2022. 11:e022746 ∙ aerzteblatt.de, 28.1.2022 · DHZ

    Rubrik: 1. Lebensjahr

    Erscheinungsdatum: 02.02.2022