Stuhlfarbkarte wird Bestandteil im »Gelben Heft«

So sieht die Stuhlfarbkarte aus, die ein fester Bestandteil des Gelben Hefts sein wird. Professor Petersen (links) und Dr. Madadi-Sanjani freuen sich, dass dadurch Gallengangatresien früher diagnostiziert werden können.
Ein gemeinsames Projekt der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) und Techniker Krankenkasse (TK) Niedersachsen wird bundesweit umgesetzt: Durch mehr Aufmerksamkeit für die Gallengangatresie und eine frühe Diagnose soll die Zerstörung der Leber verhindert und eine Transplantation vermieden werden.
Eine Gallengangatresie ist eine seltene Erkrankung, die aber bereits in den ersten Lebenswochen eines Kindes gravierende Folgen haben kann. Bei der Atresie handelt es sich um einen irreversiblen Verschluss der ableitenden Gallenwege, der in wenigen Wochen zu einer Zerstörung der Leber führt. »Die einzige Chance, das zu verhindern, liegt in einer sehr frühen Diagnose«, erklärt Dr. Omid Madadi-Sanjani von der Klinik für Kinderchirurgie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH).
Der Oberarzt und sein inzwischen ehemaliger Kollege Professor Dr. Claus Petersen setzen sich gemeinsam mit der Techniker Krankenkasse (TK) Niedersachsen bereits seit vielen Jahren dafür ein, die Früherkennung der Gallengangatresie zu stärken. Eine Stuhlfarbkarte, die Hinweise auf einen möglichen Gallengangverschluss geben kann, wird fester Bestandteil des Gelben Heftes – und kann damit bundesweit bei allen Neugeborenen zum Einsatz kommen. Diese Neuerung wurde im Mai dieses Jahres durch einen Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) auf den Weg gebracht.
Die Stuhlfarbkarte an sich ist keine neue Erfindung. In Taiwan, Japan, Mexiko und der Schweiz ist sie schon länger fester Bestandteil des Kinderuntersuchungshefts. Mit der Integration in das Gelbe Heft haben jetzt auch alle Eltern in Deutschland die Möglichkeit, die Stuhlfarbe ihres Babys kontrollieren zu können. Die Entscheidung, ob ein Befund auffällig ist oder nicht, trifft in jedem Fall ein Arzt oder eine Ärztin. »Die Karte ist für die Eltern aber ein wichtiges Hilfsmittel«, erklärt Dr. Madadi-Sanjani. Er wird den bundesweiten Einsatz der Stuhlfarbkarte wissenschaftlich begleiten und deren Erfolg beobachten – am Ende soll die lebensbedrohliche Erkrankung bei mehr Neugeborenen sehr früh erkannt werden.
Die MHH ist das größte Behandlungszentrum für Kinder mit Gallengangatresie in Deutschland, eines der drei größten in Europa und gleichzeitig Standort eines Patientenregisters. Die Hochschule gehört zu den Gründungsmitgliedern der ERN-Initiative (European Reference Network) und ist dort Mitglied des Netzwerks »rare liver«. »Die gebündelte Expertise von Patient:innenversorgung und Forschung an einem Zentrum wie der MHH ist besonders für die kleinen Patientinnen und Patienten mit so seltenen Erkrankungen wie der Gallengangatresie von entscheidender Bedeutung. Früherkennung und frühzeitige Behandlung bestimmen den Behandlungserfolg und somit die Langzeitprognose«, sagt Professor Michael Manns, Präsident der MHH. In Deutschland gibt es pro Jahr etwa 35 bis 40 Neugeborene mit Gallengangverschluss. Ein Drittel davon wird an der MHH behandelt.
Quelle: Medizinische Hochschule Hannover, 12.07.2023 ∙ DHZ