American Academy of Pediatrics (AAP)

Update der Stillempfehlungen

  • Die Empfehlungen der American Academy of Pediatrics fokussieren stark auf die Rolle von Pädiater:innen und zeigen wenig Elemente und Potenzal einer multidisziplinären Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen auf.

  • Muttermilch ist die beste Ernährung und Stillen die beste Ernährungsform für Säuglinge. Die American Academy of Pediatrics (AAP) hat kürzlich ein Positionspapier zum Thema Stillen und Verwendung von Muttermilch publiziert (Meek et al., 2022). Ein ergänzender technischer Report ist verfügbar, der die zugrundeliegenden Evidenzen der Empfehlungen aufzeigt (Meek & Noble, 2022). Das Ziel umfasst eine optimale Ernährung des Neugeborenen, indem die Evidenzlage umfassend aufgezeigt wird und daraus Empfehlungen abgeleitet werden. Diese Publikation ist ein Update der Stillempfehlungen der AAP aus dem Jahr 2012.

    Die grundlegende Empfehlung der AAP deckt sich mit Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation und denen verschiedener anderer Fachgesellschaften: Empfohlen wird exklusives Stillen während der ersten sechs Lebensmonate. Nach Einführen der Beikost im Lebensalter von ungefähr sechs Monate wird begleitendes Stillen empfohlen, solange Mutter und Kind dies wünschen wobei dies in den ersten beiden Lebensjahren und darüber hinaus der Fall sein kann. Eine Kontraindikation für das Stillen stellt eine Galaktosämie des Neugeborenen dar. In den USA wird auch HIV-positiven Müttern sowie Müttern mit einer Ebola-Infektion vom Stillen abgeraten.

    Im Einzelnen wird in dem Positionspapier auf verschiedene individuelle Hintergründe eingegangen, beispielsweise das Gefühl, dass Mütter sich häufig verspottet oder ausgegrenzt fühlen, wenn sie ihr Kind länger als ein Jahr stillen. So diskutieren weniger als die Hälfte dieser Mütter ihre Entscheidung mit dem Pädiater oder der Pädiaterin und 38 % der Frauen, welche sich durch sie oder ihn nicht unterstützt fühlten, entschieden sich daraufhin den Facharzt oder die Fachärztin zu wechseln.  Die AAP verweist in diesem Zusammenhang auf Meta-Analysen, welche die Vorteile eines begleitenden Stillens über den Zeitraum von zwölf Monaten für die Mutter aufzeigen: Das Risiko für die Entwicklung von Diabetes Typ 2, Hypertonus, Brustkrebs und Ovarialkarzinom sinkt für die Mutter. Mütter benötigen aus Sicht der AAP eine Betreuung, ihre individuelle Stillentscheidung umzusetzen.

    Die aktuellen AAP-Empfehlungen enthalten eine differenzierte Auflistung verschiedener, auch teils unbekannterer Infektionskrankheiten (wie beispielsweise »West-Nil-Virus«: Stillen möglich), und eine einhergehende Quellenangabe mit Begründung für oder gegen das Aussprechen einer Stillempfehlung beziehungsweise einer Differenzierung in Bezug auf die Heilung. So wird Müttern mit einer Hepatitis C-Infektion geraten, bei wunden Brustwarzen zunächst das Neugeborene nicht an der wunden Mamille zu stillen, sondern die Milch auszustreichen und die Heilung abzuwarten.

    Auf häufige Probleme im Zusammenhang mit Stillen wird eingegangen. Bei einer Mastitis wird empfohlen, das Stillen beizubehalten, die Mastitis jedoch zu behandeln, um einer Abszessbildung vorzubeugen. Stillende Mütter sollten nicht rauchen und sich keinem Passivrauch aussetzen, da dadurch die Milchproduktion reduziert und die Stilldauer verkürzt wird. Die AAP unterstützt die Baby-friendly Hospital Initiative und verweist auf die Relevanz der Ausbildung des medizinischen Fachpersonals im Hinblick auf die enthaltenen praktischen Empfehlungen. Auf die Wichtigkeit des frühen Bondings wird verwiesen, weil Haut-zu-Haut Kontakt zwischen der Mutter und ihrem Neugeborenen sowohl nach einer vaginalen Geburt als auch nach einer Sectio das Stillen fördert. Das Stillen in der ersten Lebensstunde sollte umgesetzt, Rooming-in sollte ermöglicht werden. Zudem wird empfohlen: Stillen nach Bedarf, Verwendung eines Schnullers und weitere Unterstützung der Mutter nach der Entlassung.

    Die zentralen Empfehlungen der AAP enthalten somit eine Vielzahl verschiedener Empfehlungen, fokussieren jedoch stark auf die Rolle des Pädiaters oder der Pädiaterin und zeigen wenig Elemente beziehungsweise Potenzial einer multidisziplinären Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen auf.

    Quelle: Meek, J. Y. & Noble, L. (2022). Technical Report: Breastfeeding and the Use of Human Milk. Pediatrics, 150. ∙ Meek, J. Y., Noble, L. & Section On, B. (2022). Policy Statement: Breastfeeding and the Use of Human Milk. Pediatrics, 150. doi: https://doi.org/10.1542/peds.2022-057988 ∙ Section On, B. (2012). Breastfeeding and the use of human milk. Pediatrics, 129, e827-41. ∙ DHZ

    Rubrik: 1. Lebensjahr

    Erscheinungsdatum: 20.09.2022