Forschung

Veröffentlichung klinischer Studien wird vernachlässigt

  • Für die Praxis relevante Studien kommen oftmals verzögert oder gar nicht zur Veröffentlichung.

  • Deutsche Universitäten kommen ihrer Verpflichtung nur ungenügend nach, die Ergebnisse von klinischen Studien spätestens zwölf Monate nach Studienabschluss im europäischen Register, dem European Union Drug Regulating Authorities Clinical Trials (EudraCT), zu hinterlegen. Nach einer Untersuchung veröffentlichten deutsche Universitäten durchschnittlich lediglich 6,7 % aller Medikamentenstudien zeitgerecht. Der Analyse zufolge fehlen derzeit die Ergebnisse von 445 deutschen klinischen Studien im Register. Während die Berliner Charité beispielsweise nur drei Prozent der fälligen Studienergebnisse veröffentlicht hat und damit allein mit 68 fehlenden Berichten zu der Lücke beiträgt, sticht die Universität Münster positiv hervor. Sie hat 61 % der Ergebnisse in EudraCT publiziert. Auch die Universitäten in Regensburg, Würzburg, Leipzig und Düsseldorf haben immerhin mindestens 20 % ihrer Ergebnisse veröffentlicht. 17 deutsche Universitäten haben hingegen nicht ein einziges Studienergebnis öffentlich zugänglich gemacht.

    „Die Ergebnisse klinischer Forschung müssen öffentlich zugänglich sein. Es ist völlig inakzeptabel, wenn Universitäten dieser Verpflichtung zur Transparenz nur unzureichend nachkommen“, kritisierte Susanne Johna, erste Vorsitzende des Marburger Bundes. „Die betroffenen Universitäten müssen sich fragen lassen, ob sie insbesondere negative Studienergebnisse zurückhalten.“

    Der Chef des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) Jürgen Windeler kritisierte, es würden nicht nur der Fachwelt Erkenntnisse vorenthalten, sondern auch den PatientInnen. Das habe „unmittelbar eine praktische Relevanz“.

    Manchmal komme in Studien zum Beispiel heraus, dass ein Medikament nicht so gut wirkt, wie man zuvor gedacht habe, oder es habe mehr Nebenwirkungen, als man angenommen habe. „All diese Informationen sind für die Fachwelt von großer Bedeutung.“

    Windeler fordert Konsequenzen: Die öffentliche Förderung sollte davon abhängig gemacht werden, ob vorher durchgeführte Projekte in der vorgeschriebenen Weise veröffentlicht worden sind. „Und wenn sie das nicht sind, dann muss eben die Förderung solange ausgesetzt werden, bis die Ergebnisse dastehen, wo sie stehen sollten.“

    Das Register EudraCT wurde im Jahr 2004 eingeführt. Seit 2014 verlangt die EU-Kommission zusätzlich zur Registrierung der Studien auch die Veröffentlichung der Ergebnisse spätestens ein Jahr nach Abschluss der Studie in Form einer Zusammenfassung, und zwar unabhängig davon, ob eine Veröffentlichung in einem wissenschaftlichen Fachjournal geplant ist.

    Quelle: aerzteblatt.de, 3.1.2020 tagesschau.de, 30.12.2020 DHZ

    Rubrik: Medizin & Wissenschaft

    Erscheinungsdatum: 06.01.2020