Querschnittsstudie aus Deutschland

Was begünstigt einen dysphorischen Milchspendereflex?

  • Von einem dysphorischen Milchspendereflex (D-MER) betroffen sind häufiger Frauen mit einer psychischen Vorerkrankung oder Frauen, die in einer früheren Schwangerschaft unter einem Babyblues oder einer postpartalen Depression litten.

  • Der dysphorische Milchspendereflex (dysphoric milk ejection reflex/D-MER) beschreibt das Auftreten depressiver Symptome, beispielsweise Wut auf das Neugeborene, Hoffnungslosigkeit oder auch Angst unmittelbar vor dem Einsetzen des Milchspendereflexes. Er vergeht nach kurzer Zeit wieder, liegt somit in den Stillpausen nicht vor.

    Da D-MER mit jedem Milchspendereflex neu auftreten kann, geht der dysphorische Milchspendereflex für betroffene Frauen mit großer Belastung im Wochenbett einher. Kürzlich wurde zu den Risikofaktoren für das Auftreten von D-MER eine Studie eines Forscher:innenteams um die Ärztin Anna Zychlinsky Scharff der Medizinischen Hochschule Hannover im American Journal of Obstetrics und Gynecology veröffentlicht.

     

    Online-Befragung unter stillenden und teilstillenden Müttern

     

    Durchgeführt wurde eine Querschnittsstudie in Deutschland im Rahmen einer Online-Befragung. Eingeschlossen wurden 1.469 Frauen, die ein Kind im Alter unter 18 Monate hatten und dies über einen Zeitraum ihrer Wahl gestillt hatten.

    Es zeigte sich, dass häufig eine Kombination aus D-MER, einer postpartalen Depression und einem Babyblues vorlag. Frauen, die entweder an einer postpartalen Depression erkrankten oder an einem Babyblues litten, berichteten mehr als doppelt so häufig wie Frauen ohne diese wochenbettassoziierten Komplikationen vom Auftreten des D-MER.

    Stillende Frauen, die bereits vor der Schwangerschaft unter mentalen Problemen litten, hatten ein erhöhtes Risiko für das Auftreten von D-MER, wohingegen Frauen mit einer vorausgehenden somatischen Erkrankung kein erhöhtes D-MER Risiko zeigten.

    D-MER betraf häufiger Frauen mit hohem Bildungsabschluss und Frauen mit einem Migrationshintergrund. Zudem wurde D-MER häufiger von Frauen erlebt, die ihr Kind mit Zwiemilch (Kombination aus Stillen und Formula) ernährten, als von voll stillenden Frauen. Keinen Einfluss auf das Auftreten von D-MER hatten andere Einflussfaktoren wie beispielsweise das mütterliche Alter oder der Geburtsmodus.

     

    Resümee

     

    Die Autor:innen vermuten, dass D-MER bislang zu wenig im Kontext postpartaler Komplikationen beachtet wurde. Sie äußern die Gedanken, dass psychische Komplikationen aufgrund von D-MER ein Grund für Mütter sein könnte, sich für eine Zwiemilchernährung des Kindes zu entscheiden.

    Die Autor:innen empfehlen Achtsamkeit bei der Betreuung von Frauen nach einer bekannten psychischen Vorerkrankung, dem Auftreten einer postpartalen Depression oder eines Babyblues bei einer vorigen Schwangerschaft: Diese Frauen haben ein erhöhtes Risiko für D-MER bei einer Folgeschwangerschaft. Zudem empfehlen sie weitere Forschung, um D-MER umfassender verstehen und vermeiden zu können.

    Quelle: Zychlinsky Scharff, A., Cappenberg, R., Liolios, I., Garcia Garcia, J. & Happle, C. (2024). Risk Factors for Dysphoric Milk Ejection Reflex. American Journal of Obstetrics and Gynecology. https://doi.org/10.1016/j.ajog.2024.09.102 ∙ Beate Ramsayer/DHZ

     

    Rubrik: Wochenbett

    Erscheinungsdatum: 24.09.2024