Welchen Einfluss hat eine Stillvorbereitung auf die Stillrate?
Je umfassender und facettenreicher die pränatale Stillaufklärung ist, desto positiver ist die Stillrate in der Praxis.
Weltweit wird ein Rückgang der Zahl stillender Frauen beobachtet. Gleichzeitig wird diskutiert, dass ein Mangel an Stillvorbereitung während der Schwangerschaft existiert. Eine Vielzahl verschiedener Faktoren beeinflusst in der Praxis die Entscheidung aus mütterlicher Sicht für oder gegen das Stillen: Physiologische, psychologische und emotionale Aspekte wirken zusammen – welche jedoch gehen mit einem Mangel an Stillvorbereitung während der Schwangerschaft einher?
Im Rahmen einer systematischen Übersichtsarbeit wurde dieser Aspekt nun genauer untersucht: Welche Wirksamkeit und Auswirkungen haben eine Stillvorbereitung und die Auseinandersetzung mit dem Thema Stillen während der Schwangerschaft auf die Entscheidung und Praxis, nach der Geburt zu stillen? Eingeschlossen wurden 14 qualitative und quantitative Studien, die zwischen 2014 und 2021 publiziert wurden. Alle Studien untersuchten, welche Faktoren einer Auseinandersetzung und Wissensvermittlung zum Thema Stillen während der Schwangerschaft zu einer erhöhten Stillrate während der Postpartalzeit führten.
Vier zentrale Aspekte zeigten sich in den 14 Studien als Ursache einer erhöhten Stillrate während der Postpartalzeit, die mit einer Auseinandersetzung während der Schwangerschaft und einer Wissensvermittlung zum Thema Stillen einhergingen:
- ein höheres Selbstwirksamkeitsempfinden im Rahmen der Stillbeziehung
- eine durchschnittlich häufigere Erstentscheidung für eine Aufnahme des Stillens nach der Geburt
- ein größeres theoretisches Hintergrundwissen zum Stillen
- die Unterstützung durch die Familie.
Dabei wurde in einer Studie sowohl ein höheres Selbstwirksamkeitsempfinden im Rahmen der Stillbeziehung als auch das erhöhte theoretische Hintergrundwissen zum Stillen benannt.
Die Autor:innen schlussfolgern, dass eine Auseinandersetzung mit dem Thema Stillen während der Schwangerschaft Frauen in ihrem Entscheidungsfindungsprozess unterstützt und stärkt: Wird das Thema Stillen während der Schwangerschaft mit dem Ziel einer Vorbereitung auf das Stillen im Wochenbett diskutiert, erhöht sich das Wissen der Frauen zum Thema Stillen. Frauen, die sich während der Schwangerschaft mit dem Stillen auseinandersetzen, sich für das Stillen entscheiden und das Stillen positiv bewerten, beginnen nach des Geburt ihres Kindes häufiger mit dem Stillen und führen es über einen längeren Zeitraum fort als Frauen ohne diesen Entscheidungsfindungsprozess und ohne zusätzlich erworbenes Hintergrundwissen zum Thema Stillen während der Schwangerschaft.
Die Ergebnisse zeigen aus Sicht der Autor:innen einen allgemeinen Zusammenhang zwischen einer Auseinandersetzung mit dem Thema Stillen während der Schwangerschaft und dem tatsächlichen Stillen eines Kindes nach der Geburt und fassen zusammen: je umfassender und facettenreicher die pränatale Stillaufklärung, desto positiver die Stillraten in der Praxis. Sie schlussfolgern, dass bei der Thematisierung des Stillens während der Schwangerschaft aus mütterlicher Sicht weitaus mehr Facetten als die Ernährung des Neugeborenen diskutiert werden sollten, unter anderem dass das Stillen die natürliche Bindung zwischen der Mutter und ihrem Kind stärkt. Sie empfehlen, den Themenkomplex des Stillens bereits während der Schwangerschaft zu thematisieren, zu diskutieren und zu vertiefen, um weltweit die Anzahl stillender Frauen zu erhöhen.
Quelle: Kehinde, J., O'donnell, C. & Grealish, A. (2022). The effectiveness of prenatal breastfeeding education on breastfeeding uptake postpartum: A systematic review. Midwifery, 118, 103579. https://doi.org/10.1016/j.midw.2022.103579 ∙ Beate Ramsayer/DHZ