Systematisches Review und Meta-Analyse

Wie effektiv ist das Beckenbodentraining in der Schwangerschaft?

  • Ein Beckenboden-Training während der Schwangerschaft scheint mit einer verkürzten Geburtsphase und einer geringeren Wahrscheinlichkeit für schwere Geburtsverletzungen einherzugehen.

  • Die Beckenbodenmuskulatur spielt während Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett eine wichtige Rolle, weil sie wichtige Haltefunktionen übernimmt, den Geburtsverlauf beeinflusst und zur Miktionskontrolle beiträgt. Die vorliegende Datenlage zur Effektivität eines Beckenbodentrainings während der Schwangerschaft ist bislang begrenzt und zum Teil uneinheitlich. Daher wurde dieser Themenkomplex im Rahmen einer australischen Studie aufgegriffen. Durchgeführt wurden ein systematisches Review und eine Meta-Analyse zur Frage, wie effektiv ein Beckenbodentraining während der Schwangerschaft ist.

    In der systematischen Literaturrecherche wurden Veröffentlichungen aus den Jahren 1988 bis 2019 berücksichtigt. Eingeschlossen wurden aus initial 853 Publikationen 16 randomisierte und quasi-randomisierte Studien (n = 2.829 Frauen), in denen die Effektivität eines Beckenbodentrainings während der Schwangerschaft auf mütterliche Outcome-Parameter untersucht wurde.

    Die Ergebnisse der Meta-Analyse zeigten, dass Frauen nach einem Beckenbodentraining während der Schwangerschaft eine kürzere Geburtsphase und seltener schwere Geburtsverletzungen hatten. Durchschnittlich erfolgte eine verkürzte Geburtsphase um 20,9 Minuten. Keine signifikanten Unterschiede wurden festgestellt in Bezug auf die Spontangeburten- und Sectiorate, die Rate vaginal-operativer Geburten und die Episiotomie-Rate.

    Die Qualitätsprüfung der eingeschlossenen Studien zeigte jedoch auf, dass alle Studien mit moderaten bis hohen methodischen Mängeln einhergingen, da beispielsweise eine Verblindung der Teilnehmerinnen nicht möglich war. Zudem unterschied sich das durchgeführte Beckenbodentraining während der Schwangerschaft in den eingeschlossenen Studien. Die Intervention umfasste in den meisten Studien eine regelmäßige Kontraktion der Beckenbodenmuskulatur, jedoch unterschied sich diese hinsichtlich ihrer Häufigkeit und Dauer. Meist wurde sie durch PhysiotherapeutInnen mündlich und/oder praktische sowohl in Einzel- als auch Gruppenübungseinheiten angeleitet.

    Alle Teilnehmerinnen der Studiengruppen erhielten zudem Informationen zur Durchführung der Übungen zu Hause. Das Training wurde manchmal wöchentlich, manchmal monatlich wiederholt oder telefonisch nachverfolgt. Auch die Kontrollgruppen unterschieden sich in den verschiedenen eingeschlossenen Studien. So erhielten manche Frauen keine Informationen zum Beckenbodentraining während der Schwangerschaft, andere eine Einführung ohne Nachverfolgung.

    Die AutorInnen benennen die große Heterogenität der eingeschlossenen Studien als Limitierung und empfehlen, weitere randomisiert-kontrollierte Studien durchzuführen, da aufgrund der methodischen Unterschiede und zum Teil Mängel verzerrte Gesamtergebnisse vorliegen könnten.

    Sie schlussfolgern trotz der Limitierungen aus ihren Ergebnissen, dass ein Beckenboden-Training während der Schwangerschaft mit einer verkürzten Geburtsphase und einer geringeren Wahrscheinlichkeit, schwere Geburtsverletzungen zu erleiden, einherzugehen scheint.

    Quelle: Sobhgol SS, Smith CA, Dahlen HG: The effect of antenatal pelvic floor muscle exercises on labour and birth outcomes: a systematic review and meta-analysis. Int Urogynecol J 2020. https://doi.org/10.1007/s00192-020-04298-1 DHZ

     

    Rubrik: Schwangerschaft

    Erscheinungsdatum: 22.06.2020