Qualitative Studie unter irischen Hebammen

Wie lässt sich die Sectiorate in Irland senken?

  • Die Senkung der in Irland in den vergangenen Jahren stark gestiegenen Sectiorate ist ein Ziel, das dortige Hebammen im Rahmen einer qualitativen Studie als wichtig beschreiben.

  • Weltweit wird ein jährlicher Anstieg der Sectiones von 4 % beobachtet, wobei die Veränderungen der Sectiorate in verschiedenen Ländern unterschiedlich hoch waren: Es gibt Länder mit steigenden, stagnierenden oder fallenden Sectioraten. In europäischen Ländern wurde zwischen den Jahren 2010 und 2015 ein jährlicher Anstieg der Sectiorate um 2 % errechnet. In Irland betrug der jährliche Anstieg der Sectiorate zum Zeitpunkt der Durchführung der Studie 37 %.

    Problematisch wird ein Anstieg der Sectiones diskutiert, die als überflüssig eingestuft werden, weil diese mit erheblichen Kurz- und Langzeitfolgen für Mutter und Kind einhergehen können. Dies war in Irland der Fall. Um einem weiteren Anstieg überflüssiger Entbindungen per Sectio entgegen zu wirken, wurden daraufhin ein Programm zur Senkung der Kaiserschnittrate entwickelt (REDUCE).

    REDUCE basiert auf einem Überblick aus 101 systematischen Übersichtsarbeiten, welche Daten zu antepartalen, intrapartalen und ausbildungsbasierten Aspekten mit einem Einfluss auf die Sectiorate evaluierten. 25 Aspekte wurden identifiziert, die zu einer Reduktion und 9 Aspekte benannt, die zu einer Steigerung der Sectiorate beitragen. Ergänzend wurden Fokusgruppen-Interviews mit Frauen (n=9), deren Partner:innen (n=2) und Mitarbeiter:innen der Klinik (n=30) durchgeführt.

    REDUCE bestand unter anderem darin, den Geburtsverlauf physiologischer Geburten zu fördern, Informationsmaterial für Geburtsvorbereitungskurse zu entwickeln, bei einer Beckenendlage ab der 36. Schwangerschaftswoche eine äußere Wendung zu empfehlen sowie die intermittierende Auskultation und eine kontinuierliche Betreuung Gebärender im Rahmen einer Eins-zu-eins-Betreuung zu fördern. Das Ziel von REDUCE war eine Senkung der Sectiorate in Irland um 7 %. Hierzu wurden die Erfahrungen von Hebammen evaluiert.

    Durchgeführt wurde eine qualitative Studie unter 28 Hebammen einer geburtshilflichen Klinik mit über 8.000 Geburten/Jahr. Vier Fokusgruppen-Interviews fanden statt, die thematisch analysiert wurden: Was denken Hebammen zu evidenzbasierten Maßnahmen, die Sectioraten zu senken? Wie bewerten Hebammen die Machbarkeit und Akzeptanz von REDUCE?

    Die Interviews brachten zum Ausdruck, dass Hebammen eine reale Besorgnis über die gestiegenen Sectioraten empfanden. Fünf Themen wurden aufgezeigt: Geburtseinleitung, Bildung, Überprüfung der geburtshilflichen Praxis, Klinische Praxis und Zusammenarbeit zwischen Hebamme und Geburtshelfer:in.

    Ein Anstieg der Sectioraten wurde mit einem Anstieg durchgeführter Geburtseinleitungen in Verbindung gebracht. Hierbei äußerten die Hebammen den Gedanken, auf überflüssige Geburtseinleitungen zu verzichten. Hebammen erachteten die Weitergabe von Zahlen, Daten und Fakten zur Sectio sowie Entscheidungshilfen für Frauen in Bezug auf eine vaginale Geburt nach einem vorausgehenden Kaiserschnitt im Rahmen von Geburtsvorbereitungskursen und Schwangerenbetreuung als effektive Maßnahmen, die Sectiorate zu senken. In Bezug auf eine Überprüfung der klinischen Praxis wurde angeregt, die Evidenzlage zur Eipollösung zu berücksichtigen, die alternativ zu einer medikamentösen Geburtseinleitung durchgeführt werden könnte. Ein umfassenderer Einbezug von Hebammen in Entscheidungsprozesse während der Schwangerschaft wurde hinsichtlich einer besseren Zusammenarbeit zwischen Hebammen und Geburtshelfer:innen während der Schwangerschaft angeregt.

    Die Autor:innen schlussfolgern aus ihren Ergebnissen, dass die REDUCE-Interventionen durch die Ergebnisse dieser qualitativen Studie weiter ergänzt werden konnten. Diese Interventionen sollten nun empirisch weiter in der irischen Bevölkerung untersucht werden, um die Sectiorate weiter zu senken.

    Corrigan S et al.: Midwives’ views of an evidence-based intervention to reduce caesarean section rates in Ireland. Women and Birth 2022. https://doi.org/10.1016/j.wombi.2022.01.002 DHZ

     

    Rubrik: Geburt

    Erscheinungsdatum: 17.03.2022