Englische Studie

Wie sicher ist Stillen nach einer Narkose?

  • Frauen, die sich während der Stillzeit einer Operation unterziehen müssen, könnten ihr Kind nach dem Aufwachen aus der Narkose ohne Pause weiter stillen.

  • Bei Operationen eingesetzte Anästhesien stehen im Ruf, über die Muttermilch in den Körper des Säuglings zu gelangen und diesem Schaden zuzufügen. Oft wird die Muttermilch in den ersten Tagen nach der Anästhesie abgepumpt und verworfen.

    Dieses „pumping and dumping“ ist laut einem Team um Mike Kinsella vom St Michael’s Hospital, Bristol, in der Regel nicht erforderlich. Denn die meisten in der Anästhesie eingesetzten Mittel würde nur in geringen Mengen in die Muttermilch gelangen oder sie würden vom Darm des Säuglings nicht resorbiert.

    Unbedenklich sind laut Kinsella die intravenösen Anästhetika (einschließlich Propofol und Ketamin) wie auch die Narkosegase (von Sevofluran über Lachgas bis Halothan). Bei Sedativa sei dagegen Vorsicht geboten. Nach der Einnahme von Diazepam gelangt der aktive Metabolit Desmethyldiazepam, der eine lange Halbwertszeit hat, in signifikanter Menge in die Muttermilch. Midazolam ist aus Sicht des britischen Anästhesiologen dagegen unbedenklich.

    Einschränkungen gibt es bei Opioiden. Die US-Arzneimittelbehörde FDA hat 2017 vor dem Einsatz von Tramadol bei stillenden Frauen gewarnt. Kinsella hält den Einsatz für vertretbar, wenn der gestillte Säugling danach auf Zeichen einer vermehrten Schläfrig­keit hin untersucht wird. Eine Kontraindikation besteht bei Codein, das im Körper in Morphin verwandelt wird. Die FDA und die europäische Arzneimittelagentur EMA betrachten Codein in der Stillzeit deshalb als kontraindiziert.

    Quelle: Kinsella SM et al: Guideline on anaesthesia and sedation in breastfeeding women 2020. Wiley online library 2020. Doi: https://doi.org/10.1111/anae.15179 aerzteblatt.de, 20.8.2020 DHZ

    Rubrik: Medizin & Wissenschaft

    Erscheinungsdatum: 21.08.2020