Wie verändert Pränataldiagnostik unsere Gesellschaft?
Bei neun von zehn Kindern, bei denen nach Pränataldiagnostik ein Down-Syndrom festgestellt wird, wird ein Schwangerschaftsabbruch durchgeführt. Welche Folgen vorgeburtliche Untersuchungen für Menschen mit Behinderung und die gesamte Gesellschaft haben, damit setzte sich am 7. und 8. Juni eine internationale Ethik-Tagung in Berlin auseinander. Für Ulla Schmidt, die Bundesvorsitzende der Lebenshilfe und Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, ist der hohe Anteil der Schwangerschaftsabbrüche besorgniserregend: „Wir leben heute in einer Gesellschaft, die Menschen mit Behinderung so viele Teilhabemöglichkeiten bietet wie nie zuvor. Doch wird gleichzeitig mit immer feineren Methoden der Pränataldiagnostik regelrecht nach ihnen gefahndet. Das passt einfach nicht zusammen.“ Besonders problematisch ist dabei der neue Bluttest auf Down-Syndrom, er war bei der Berliner Ethik-Tagung ein wichtiges Thema.
Zur Eröffnung sprach Caren Marks, Parlamentarische Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Sie wünschte sich, „dass sich Eltern zuversichtlich auch für ein Kind mit Behinderungen entscheiden können, weil sie Gewissheit haben, dass Teilhabe an unserer Gesellschaft jedem Kind mit all seinen Besonderheiten offensteht. Dafür setzen wir uns im Bundesfamilienministerium mit der Inklusiven Lösung für alle Kinder mit und ohne Behinderungen ein.“
Der Berliner Schauspieler Sebastian Urbanski hielt einen Vortrag darüber, wie er mit dem Down-Syndrom lebt. Er sagt: „Ich leide nicht am Down-Syndrom. Ich bin für ein Miteinander, das alle einschließt.“
Der neue Praena-Test, hat Menschen wie Sebastian Urbanski im Blick. Ulla Schmidt: „Der Praena-Test darf keinesfalls als Routineuntersuchung angeboten werden. Er vermittelt den Eindruck, es sei ein perfektes Kind möglich. Ethisch hoch problematisch gefährdet er die Akzeptanz von Menschen in all ihrer Unterschiedlichkeit.“ Hinzu komme die nicht unerhebliche Zahl der falsch-positiven Testergebnisse – „das heißt“, so die Lebenshilfe-Vorsitzende, „der Test zeigt eine Behinderung an, obwohl das Kind nicht behindert ist“. Eine von den gesetzlichen Krankenkassen finanzierte Reihenuntersuchung, die gezielt nach Föten mit Behinderung sucht und in aller Regel zur Abtreibung führt, stehe zudem im Widerspruch zum Grundgesetz sowie zur Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen.
Die deutsche Bundesvereinigung Lebenshilfe richtete die Tagung gemeinsam mit der Lebenshilfe Österreich, der Schweizer Elternselbsthilfeorganisation insieme sowie mit dem Berliner Institut Mensch, Ethik und Wissenschaft aus.