Gute Fragen – stimmige Pläne

Die Sicht auf den Geburtsplan erfolgt aus verschiedenen Perspektiven. Es macht einen Unterschied, ob die Frau ihren Plan erstellt, mit einer bestimmten Motivation, oder ob Geburtshelfer:innen und Hebammen darauf blicken. Wie aber kann der Geburtsplan nicht zum Korsett, sondern zur Möglichkeit werden? Ein anderer Blickwinkel. Zuzana Laubmann
  • » Offene Fragen sind gut, um Klientinnen zu ermutigen, ihre Gedanken, Gefühle und Erfahrungen tiefer zu erforschen.«

Geburtspläne, auch bekannt als Geburtspräferenzen, bieten seit den 1980er-Jahren eine Möglichkeit, die Wünsche der Frau mit ihrem Geburtspartner und dem Klinikpersonal zu kommunizieren. Heute dienen sie zudem als Leitfaden in der Geburtsvorbereitung, durch den die Eltern mehr über die »verfügbaren« Möglichkeiten bei der Geburt erfahren und anhand dessen sie klären, was ihnen am wichtigsten ist.

Um eine informierte Entscheidung treffen zu können, bedarf es eines hohen Wissenstandes der Eltern über die verschiedenen Optionen. Aber auch die »informiertesten« Entscheidungen können nie auf Gewissheit basieren, da es unmöglich ist, die besonderen Umstände einer einzelnen Geburt vorherzusagen. Was wir auch über Geburten im Allgemeinen zu wissen glauben, wir wissen nichts über eine ganz bestimmte Geburt, so Elizabeth Noble, Physiotherapeutin und Autorin (Noble, 1989). Jede Geburt ist einzigartig und es gibt eine Vielzahl von Faktoren, die berücksichtigt werden müssen. Ohne vollständige Vorkenntnis aller Details und Umstände einer bestimmten Situation sind wir letztlich nicht in der Lage, eine wirklich fundierte Entscheidung zu treffen. Es sind uns jedoch Annahmen über die potenzielle Situation, die Menschen und unsere möglichen Entscheidungen möglich.

Unsere Annahmen sind Projektionen in die Zukunft, die sich mit unserem inneren Erleben oder unseren Bedürfnissen in einem bestimmten Moment häufig nur schwer oder gar nicht in Deckung bringen lassen. Dennoch lassen sie uns glauben, dass wir das jeweilige Problem lösen, die Situation beherrschen werden. Das bietet uns wertvolle Einblicke in unsere grundlegenden Bedürfnisse in dieser spezifischen Situation. Mit den Wünschen drücken wir unsere Hoffnungen, Sehnsüchte und unser Begehren aus. Doch so vieles liegt außerhalb unserer Kontrolle.

 

Angemessen, aber nicht flexibel?

 

Bei der Erstellung eines Geburtsplans wird in der Regel nicht geprüft, ob die Erwartungen angesichts der Unvorhersehbarkeit auch wirklich sinnvoll und realistisch sind. Wenn die Gebärende beispielsweise den Wunsch »keine PDA« äußert, ist das ein angemessener Wunsch, aber gleichzeitig ist er nicht flexibel und unter Umständen nicht oder nur teilweise wohltuend oder erfüllend; er ist von vornherein nicht akzeptierend gegenüber einer möglicherweise eintretenden krisenhaften Situation, nicht ehrlich gegenüber den potenziellen Bedürfnissen in dieser Situation oder gar produktiv für den gesamten Geburtsprozess. Sicherlich gibt es einen triftigen Grund für diesen Wunsch, denn die Epiduralanästhesie ist ein Eingriff, der bekanntlich zu weiteren medizinischen Eingriffen führen kann und Auswirkungen auf die Mutter und das Baby hat. Wenn die Mutter sie jedoch auch dann vermeidet und an ihrer Entscheidung festhält, obwohl sie keine Strategien für den Umgang mit Wehenschmerzen hat, wirkt es sich als Druck und Stress auf ihren Körper und ihre Psyche aus, was wiederum zu weiteren Eingriffen führen kann.

Viele Eltern verfassen einen Geburtsplan – und manchmal auch eine Patient:innenverfügung – für die Geburt, ohne ihre Wünsche, Erwartungen und Annahmen, die sie im Vorfeld geäußert haben, begründen zu können. Eine Patient:innenverfügung ist ein gutes Mittel, um anderen Menschen in einer Notfallsituation zu entlasten und in solchen Fällen für einen rechtlichen Rahmen zu sorgen, wenn die Eltern beispielsweise nicht verheiratet sind. Seine Zweckentfremdung für die Maßnahmen unter der Geburt ist nur durch eine hohe Erwartung und gleichzeitigem Wunsch nach Kontrolle über ihre Erfüllung zu erklären.

Nicht selten spiegeln diese Wünsche zugrunde liegende unerfüllte Bedürfnisse und frühere emotionale Verletzungen wider. Häufig leiten sich diese Wünsche aus zwischenmenschlichen Dynamiken ab, die den Einzelnen seit seinen frühen Lebensjahren beeinflusst haben.

Wenn sich die Eltern ihres Vermeidungsverhaltens nicht bewusst sind, fühlen sie sich zwar geschützt, sie verhindern aber zugleich neue Erfahrungen und schränken damit ihre Möglichkeiten erheblich ein, durch die Erweiterung ihres Erfahrungshorizontes die Situation besser bewältigen zu können. Es ist ein Teufelskreis. Eine positive Bewältigungsstrategie und Erfahrung der Situation »Geburt«, die oft im Vordergrund eines üblichen Geburtsplans stehen, werden durch Annahmen und unbewusste Vermeidungen verhindert. Mit anderen Worten: Diese Entscheidungen wurden genau genommen bereits in der Vergangenheit getroffen und zwar im Belastungsfeld des früher Erlebten.

 

»Hot Spots«

 

Interaktion und zwischenmenschliches Verhalten spielen eine wesentliche Rolle in der Gesundheitsversorgung, nicht die Abläufe und Interventionen. Geburtsbedingte traumatische Belastungsfolgen stehen häufig in Zusammenhang mit dem wahrgenommenen oder tatsächlichen zwischenmenschlichen Verhalten der Fachkräfte. Diese Interaktionen sind »Hot Spots« für Symptome des Wiedererlebens, die sich später aufdrängen (Ford & Sayers, 2011). Während der Geburtsplan den Verfahren und Interventionen sowie den Erwartungen und Wünschen der Frau in diesem Bereich die meiste Aufmerksamkeit widmet, werden die Interaktionen und das zwischenmenschliche Verhalten nicht berücksichtigt. Dabei ist es das Zwischenmenschliche, das die Wahrnehmung der Frauen bei der Geburt vor allem beeinflusst.

Hebammen empfinden häufig Druck in Bezug auf Geburtspläne (Welsh & Symon, 2014). Einige Hebammen berichten, dass sie es ablehnen, Frauen zu begleiten, die einen sehr langen und detaillierten Geburtsplan mitbringen und in einigen Fällen in ihrer Patient:innenverfügung auch rechtliche Konsequenzen für das Krankenhaus formulieren. Inzwischen lehnen einige Krankenhäuser in Deutschland Geburtspläne ab oder weisen darauf hin, dass sie nicht willkommen sind.

Laut einer Studie aus Spanien war für 61,2 % der Befragten der Hauptgrund für das Nichtvorlegen eines Geburtsplans, dass die Hebammen des Krankenhauses ihn nicht verlangten (López-Gimeno et al., 2021). In der Studie der New Yorker Professorin Judith Lothian, ehemalige Kinder- und Mütterkrankenschwester und Leiterin von Geburtsvorbereitungskursen, spiegeln die durch Geburtspläne verursachten Spannungen zwischen Gesundheitsfachkräften und Klientinnen aktuelle, umfassendere Problematiken in der Schwangerenvorsorge wider, wie beispielsweise unterschiedliche Auffassungen über die Geburt, verschiedene Wahrnehmungen von Sicherheit und effektiver Betreuung sowie Differenzen in ethischen Fragen im Zusammenhang mit der informierten Zustimmung und ebensolchen Ablehnung (Lothian, 2006): »In der Realität bringt der Geburtsplan oft die gebärende Frau und den Gesundheitsdienstleister und das Krankenhauspersonal gegeneinander auf.« (Lothian, 2006)

Mit den Vorgaben, die von einigen restriktiven Geburtsplänen ausgehen, wird Druck auf der Seite der Kliniken, Ärzt:innen und Hebammen erzeugt. »Es gilt zu bezweifeln, dass eine Liste von Ablehnungen zu einer echten, vertrauensvollen Beziehung zwischen einer Gebärenden und der Hebamme aus dem Geburtshilfeteam führt. Der Geburtsplan ist ein Nebenschauplatz.« (Steinmann, 2021)

 

Formulierungen für einen positiven Geburtsplan

 

 

»Nicht nur, wenn alles natürlich verläuft, auch wenn sich etwas ändert, bin ich immer an Ihren Einschätzungen und Empfehlungen interessiert. Sind Sie bereit, sie mit mir und meinen Geburtspartnern zu teilen? Sie helfen mir und auch ihm/ihr/ihnen zu verstehen, wie Sie über den Verlauf der Geburt denken und warum Sie Ihre Vorschläge machen.

 


»Ich fühle mich wohl und sicher, wenn ich aktiv an der Geburt teilnehmen kann. Wenn eine Situation eintritt und eine Entscheidung getroffen werden muss, möchte ich an der Entscheidungsfindung beteiligtsein. Sind Sie bereit, Ihre Einschätzungen und Empfehlungen mit mir zu teilen? Sie helfen mir zu verstehen, wie Sie sich in dieser Situation fühlen, was Sie vorschlagen und warum.«

 

 

 

Illusorisch, oberflächlich, ohne Kontrolle

 

Einer qualitativen Studie zufolge (Jones et al., 1998) verbessern Geburtspläne nicht die Beziehungen, sondern irritieren das Personal und wirken sich negativ auf die geburtshilflichen Ergebnisse aus. Der qualitativen Studie über Empowerment und Geburtspläne von Sooi-Ken Too, Dozentin für Hebammenwesen und Frauengesundheit an der South Bank University in London, zufolge empfanden Frauen ihre Wahlmöglichkeiten als illusorisch und weitgehend oberflächlich; Geburtspläne »ermöglichten den Frauen nicht, mehr Kontrolle über die Geburt zu haben«.

Das Gefühl, unterbewertet und nicht unterstützt zu werden, war weitgehend das Ergebnis einer ineffektiven, autoritären, paternalistischen Kommunikation, die nicht dazu beitrug, Vertrauen zu entwickeln, Ziele zu setzen oder Entscheidungen zu treffen (Too, 1996). Obwohl Frauen schriftliche Geburtspläne als hilfreich empfinden (Brown & Lumley, 1998; Whitford & Hillan, 1998), deuten die meisten Untersuchungen darauf hin, dass es keine Unterschiede gibt zwischen Frauen, die einen schriftlichen Geburtsplan haben, und jenen, die keinen haben. Das gilt sowohl in Bezug auf Angst, Schmerzen oder allgemeine Erfahrungen (Brown & Lumley, 1998; Lundgren et al., 2003) als auch auf das Gefühl der Kontrolle (Brown & Lumley, 1998; Lundgren et al., 2003; Whitford & Hillan, 1998). Eine weitere Studie (Pickrell & Marshall, 1989) berichtet über ein vierfach erhöhtes Risiko einer operativen Entbindung bei Frauen, die Geburtspläne verwenden.

 

Individuelle Bedürfnisse, Sicherheit, Wohlbefinden

 

Der übliche Geburtsplan konzentriert sich eher auf medizinische Praktiken und Interventionen als auf die Bedürfnisse der Frauen und die Frage, wie das medizinische Personal den Frauen helfen kann, ihre Bedürfnisse zu erfüllen und neue Strategien zu erforschen. An anderer Stelle habe ich bereits darauf hingewiesen, dass auch ein weiterer Aspekt dabei unberücksichtigt bleibt: »Wir erstellen Geburtspläne in der Regel mithilfe unseres logischen und kognitiven Verstandes, um uns über den Geburtsprozess und die verfügbaren Optionen zu informieren und eine Liste unserer informierten Entscheidungen zu erstellen. Die Fähigkeit, Fragen zu individuellen Bedürfnissen, zur wahrgenommenen Sicherheit und zum Wohlbefinden zu beantworten, hängt mit der Beziehung zusammen, die wir zu unserem Selbst und unserem Körper haben.« (Laubmann, 2023)

Da die Geburt ein körperzentrierter Prozess ist, ist es eine logische Konsequenz, sich mit den Bedürfnissen und Reaktionen unseres Körpers auseinanderzusetzen und sie in die Entscheidungen einzubeziehen. Das Bedürfnis, sich sicher zu fühlen, ist in unserem Körper verankert, der durch das autonome Nervensystem (ANS) spricht. Es ist auch das autonome Nervensystem, das während der Wehen vorherrscht (Musa et al., 2017). Daher sind die inneren Bedürfnisse und Empfindungen einer der Schlüssel für einen erfolgreichen und positiv wirksamen Geburtsplan. Leider »weisen medizinische Leitlinien dem kognitiven Begriff der Sicherheit eine größere Rolle zu als dem, was gefühlt wird« (Porges, 2017). Und auch die üblichen Geburtspläne tun dies immer wieder.

Indem wir die Chance ergreifen, unsere Motive, Erwartungen und Kernbedürfnisse zu identifizieren, wenn wir zusammen mit unseren Klientinnen einen Geburtsplan entwerfen, öffnen wir den Raum für neue Erfahrungen und auch Bewältigungsstrategien. Wir öffnen einen Raum für eine bessere Kommunikation mit dem medizinischen Personal, was uns auch dabei helfen könnte, mehr Offenheit und Flexibilität zu schaffen und Angst oder Misstrauen weitgehend zu vermeiden. Es ist eine große Chance, einen Weg zu finden, ein großes und unterstützendes Netzwerk aufzubauen, das eine vertrauenswürdige Atmosphäre schafft, in der sich die Frau sicher fühlen kann.

 

Perspektivwechsel

 

Ändern wir die Perspektive. Der Geburtsplan, den ich mit meinen Klientinnen entwickelt habe, dient nicht nur dazu, die Werte und Kernbedürfnisse zu kommunizieren, die für die Frau individuell wichtig sind. Er kann auch eine Möglichkeit sein, realistische Erwartungen zu entwickeln.

Eine meiner Klientinnen hatte mir vor Jahren den ersten Anstoß gegeben. Wir sprachen über ihre letzte Geburtserfahrung. Es gab einen Moment, in dem sie anfing, sich unsicher zu fühlen, in dem sie nicht mehr in der Lage war, sich der Situation bewusst zu sein. Ich fragte sie, was passiert sei. Ihre Hebamme hatte zu ihr gesagt: »So wird es nie funktionieren«. Sie gab auf und stimmte einer Kaiserschnittgeburt zu. Sie gibt sich auch heute noch die Schuld daran.

Ich fragte sie, ob sie später ähnliche Erfahrungen gemacht habe oder ob sie sich bereits in der Vergangenheit so gefühlt habe. Ohne lange zu überlegen, stimmte sie zu. Die Menschen um sie herum hätten ihr nie vertraut. Und das sei nach wie vor häufig der Fall. Dann fragte ich sie: »Gibt es bei dir ein Bedürfnis, Vertrauen geschenkt zu bekommen? Würdest du es in Betracht ziehen, der Hebamme von deinem Bedürfnis zu erzählen?« Sie stimmte von ganzem Herzen zu. Also fragte ich: »Wie könntest du die Hebamme über dieses Bedürfnis in deinem Geburtsplan informieren?« Sie änderte ihren Fokus von »Ich hoffe, es wird nicht wie beim letzten Mal« und »Ich möchte eine natürliche Geburt ohne Interventionen« zu dem, was sie in dieser neuen Situation, auch von anderen, konkret brauchte. Wir erstellten dann eine Liste ihrer persönlichen Werte anstelle eines Plans. Es war eine Sammlung ihrer persönlichen Bedürfnisse mit der Bitte an die Hebamme, sie auf diese Weise zu unterstützen (siehe Kasten).

 

Achtsame und spezifische Fragen

 

Eine einladende Sprache zu verwenden, die um Unterstützung bittet und offen dafür ist, dass die Empfängerin ihre eigene Entscheidung trifft, kann für beide – Frauen und Hebammen – sehr hilfreich sein, um eine vertrauensvolle Beziehung aufzubauen, selbst wenn sie sich zum ersten Mal sehen. Es ist eine großartige Gelegenheit für eine Frau, auch unter der Geburt diese Sprache zu verwenden.

Es fördert die Verbindung zur Hebamme, die freundlich gebeten wird, die Frau in ihren Bedürfnissen zu unterstützen. Wenn es bereits Bewältigungsstrategien gibt, freut sich die Hebamme, diese zu hören, ohne dann im Verlauf raten zu müssen, was helfen könnte und was nicht. Die Hebamme kann somit wichtige Informationen erhalten und die Kommunikation mit der Gebärenden während der gesamten Geburt fortsetzen.

Wie können wir als Hebammen und Doulas unsere Klientinnen dabei unterstützen, einen individuellen, traumasensiblen und positiven Geburtsplan zu erstellen? Wir können achtsame und spezifische, auf mögliche Situationen abgestimmte Fragen stellen, die unseren Klientinnen helfen, mit ihren Bedürfnissen in Kontakt zu kommen. Offene Fragen sind gut, um Klientinnen zu ermutigen, ihre Gedanken, Gefühle und Erfahrungen tiefer zu erforschen. Sie geben keine spezifische Antwort vor und ermöglichen es der Klientin, ausführlicher zu antworten. Beispielsweise: »Wenn Sie gestresst und/oder überfordert sind, wie fühlen Sie sich dann in Bezug auf andere Menschen – vertraute und fremde? Können Sie sich noch mit ihnen verbunden fühlen oder fühlen Sie sich allein und von allen verlassen? Welche Strategie hilft Ihnen, in Verbindung zu bleiben? Wenn Sie die Verbindung verloren haben, was hilft Ihnen, sich wieder mit anderen zu verbinden?«

Fragen wie diese helfen uns, die Muster zu erkennen, die unsere Klientin aus ihrer Vergangenheit mitbringt. Mit sorgfältig ausgewählten Fragen können wir sie anleiten, sich bewusst zu machen, ob es ihr leichtfällt, Verbindungen herzustellen, oder ob sie damit möglicherweise Schwierigkeiten hat. Es kann die Geburtssituation beeinflussen, wie die Schwangere über ihr Gegenüber denkt. Dann können wir gemeinsam fragen, welches Bedürfnis hinter diesen Gedanken und Vermutungen stecken könnte. Ist es ein Bedürfnis nach Vertrauen oder danach, dass ihr vertraut wird? Daran anschließend wäre zu fragen, wie die Gebärende dieses Bedürfnis der Hebamme mitteilen und sie um Unterstützung bitten könnte.

Fragen Sie Ihre Klientin: »Wenn Sie über die Wehen nachdenken oder sprechen, verwenden Sie dann gewöhnlich Sätze wie ›Ich kann‹ oder ›Ich kann nicht‹ oder ›Ich muss‹?« Gemeinsam können Sie sich dann ein Bild davon machen, was der Klientin Angst macht, was ihr unangenehm ist (ich muss) oder wann sie sich unbewusst bedroht fühlt (ich kann nicht (mehr)). Wenn sich die Frau im »Ich kann«-Modus befindet, dann hält sie sich im Bereich ihrer Selbstbestimmung und Flexibilität auf. Das ist etwas sehr Wertvolles, das viel Aufmerksamkeit verdient. Es kann sehr kraftvoll sein, wenn die Frau ihren Fokus von »Ich muss« oder »Ich kann nicht« auf das, was sie tun kann, verlagert; es verändert die Dinge bis ins Detail. Mit den Prädispositionen von »Ich muss«, »Ich kann nicht« oder »Ich kann« können wir auch wertvolle Informationen über das Nervensystem unserer Klienten erhalten. Dabei können auch körperorientierte Techniken wie traumasensibles Yoga oder Somatic Experiencing hilfreich sein, da diese die Handlungsfähigkeit und Selbstbestimmung auf der Körperebene nachhaltig verankern.

 

Wertschätzung und Verbindung

 

Während des gesamten Schreibprozesses können wir als Begleitende beobachten, wie es der Schwangeren geht, und dies reflektieren. Das Schreiben eines solchen Geburtsplans verändert auch die Art und Weise, wie eine Frau über die Geburt und ihre Möglichkeiten denkt, während sie sich darauf vorbereitet. Wenn jemand einen sehr detaillierten und restriktiven Geburtsplan schreibt, hat er/sie in der Regel ein klares Bild von einer Hebamme, die nicht sehr einfühlsam, die verständnislos oder sogar verletzend ist.

Es scheint die Erwartung zu bestehen, man werde sich ungesehen fühlen, da dies wahrscheinlich in ähnlichen Situationen in der Vergangenheit geschehen ist. Wenn wir mit unserer Psyche und dem Körper in der Gegenwart bleiben und nach den Kernbedürfnissen und Körperreaktionen Ausschau halten, ändern wir den Fokus auf die Frage: Wie komme ich dorthin, wo ich sein möchte? Wenn sich unsere Klientin mehr darauf konzentriert, ihre Bedürfnisse zu erfüllen und um Unterstützung zu bitten, verlässt sie den Zustand der Angst, indem sie versucht, sich durch den Geburtsplan zu schützen oder in Kontrolle zu sein, und entwickelt eine Strategie, wie sie Beziehungen und Kommunikation während der Geburt gestalten kann.

Wenn wir miteinander in Kontakt kommen und eine gute Verbindung herstellen, werden alle gleichberechtigt gesehen und gehört. Wertschätzung ist die Quelle von Harmonie und Offenheit für diese Art von Geburtsplan. Soziale Verbundenheit ist ein Zeichen dafür, dass sich unser Körper in der Nähe eines anderen sicher fühlt. Und umgekehrt: Wenn wir uns miteinander verbinden, fühlen wir uns sicher. Jeder profitiert davon, sodass auch innerhalb des Geburtsplans Verbindungen entstehen können. ;

 

Rubrik: Ausgabe 09/2023

Vom: 28.08.2023