Der Dritte im Bunde
Werde ich ein guter Vater sein? Diese Frage stellen sich viele Männer, wenn das erste Kind unterwegs ist. Was sie für sich wünschen, unterscheidet sich oft sehr vom Rollenbild ihrer Väter. Die allermeisten wollen heute mehr teilhaben am Wachsen und Werden ihrer Kinder – von Anfang an und auf ihre Art. Deshalb ändert sich bei der Geburt des ersten Kindes nicht nur für die Frau, sondern auch für den Mann ein riesiger Teil seines Lebens und seiner Identität. Ebenso wie das Mutterwerden ist das Vaterwerden Anlass und Herausforderung für die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit – ein Reifeschritt, der auch mit einer Krise verbunden sein kann.
Kinder brauchen ihre Väter und Väter brauchen ihre Kinder. Die „Brutpflege" von Vätern ist anders als die der Mütter und genau das fördert den Nachwuchs, das zeigen auch Untersuchungen der Neurobiologie. Väter machen andere Spiele, haben ihre eigenen Formen des Körperkontakts und all das fördert die Gehirnentwicklung der Kinder – und die Väterlichkeit. Heute weiß man, dass der enge Kontakt mit dem Baby auch die väterliche Hormonlage beeinflusst und so einen positiven Zirkel von Zuwendung aktiviert.
Darf er der Dritte werden? Ob aus der Dyade eine Triade werden kann, hängt vom Familienbild der Eltern ab, genauer gesagt von ihrer Bereitschaft, sich ihre Familie als wachsendes Netz wechselseitiger Beziehungen vorzustellen. Die Ergebnisse einer psychotherapeutischen Studie, die die Entwicklung des Elternseins bei Paaren über neun Jahre begleitete, sind beeindruckend: Wenn Eltern während der Schwangerschaft ein vernetztes Familienbild entwickelten, hatten ihre Kinder weniger Koliken, Trink- und Schlafprobleme und sie entwickelten ausgeprägte soziale Kompetenzen. Die Studie weist darauf hin, dass die Triade eingebettet sein muss in eine größere, sie umgebende Gemeinschaft, auf die beide Eltern zurückgreifen können. Der beste Rückhalt für Männer ist eine positive Beziehung zum eigenen Vater. Hier werden Empathie und Beziehungsfähigkeit gelernt und an die nächste Generation weitergegeben – oder eben nicht.
Engagierte Väter brauchen den Zugang zu ihren Gefühlen. Deshalb sind eigene Bereiche für die Initiation ins Vaterwerden so wichtig. Das können Hebammen als Begleiterinnen der Familienwerdung entscheidend unterstützen. Neue Modelle der Geburtsvorbereitung bieten nicht nur eine gemeinsame Vorbereitung der Eltern, sondern auch den Austausch in getrennten Frauen- und Männergruppen. Im geschützten Raum, von einem männlichen Coach begleitet, können sich Männer mit dem Vaterwerden auseinandersetzen, Wünsche und Ängste äußern und ihr eigenes Bild vom Vatersein entwickeln. Wenn Hebammen dafür sorgen, dass solche Gruppen nach der Geburt der Kinder weitergehen, haben sie viel dazu beigetragen, dass Familien Ressourcen zur Verfügung stehen – weil der Dritte im Bunde dabei ist.