Die Segel richtig setzen

  • Sandra Tomaselli: „Ein vorhandenes Qualitätsmanagementsystem ist noch nicht gleichbedeutend mit einer hohen Qualität des Produktes.“

  • Wer nicht weiß, in welchen Hafen er will, für den ist kein Wind der richtige." Was der römische Philosoph Lucius Annaeus Seneca schon damals feststellte, ist in der heutigen Zeit gut übertragbar auf die Einführung von Qualitätsmanagement (QM)-Systemen im Gesundheitswesen. Damit QM-Konzepte einen Nutzen, eine Verbesserung und Entlastung bringen, sollte man sich vorab gemeinsam im kompletten berufsgruppen- und hierarchieübergreifenden Team Gedanken über die Philosophie und die Ziele der Arbeit machen. Nur so können Leitbilder entwickelt, Unternehmenskulturen geschaffen und Qualitätsmanagement-Konzepte erfolgreich eingeführt werden, die tatsächlich von allen Beteiligten mit Leben gefüllt sind. Denn offensichtlich ist: Ein vorhandenes QM-System ist nicht gleichbedeutend mit einer hohen Qualität des Produktes. Es sagt allerhöchstens etwas über die Arbeitsprozesse hin zum Produkt aus, es gibt eine Art Rahmen vor. Werden die MitarbeiterInnen nicht mit einbezogen, ist ihre Meinung und Kreativität nicht gefragt, wird genau der Ebene in einer Institution die Verantwortung für die Qualität der Arbeit abgesprochen, auf der sie produziert wird. Damit ist niemandem geholfen: Unzufriedenheit kommt auf, auch wenn die Zertifizierung vielleicht erfolgreich abgeschlossen wurde. Das Potenzial der QM-Konzepte wird nicht erkannt, es wird als zeitraubende Mehrbelastung angesehen und folgerichtig auch nicht ausgeschöpft.

    Ein positives Beispiel für Qualitätsmanagement in der Hebammenarbeit stellt die seit über sieben Jahren von der Gesellschaft für Qualität in der außerklinischen Geburtshilfe (QUAG) koordinierte bundesweit einheitliche Erfassung außerklinischer Geburten dar. Qualitätszirkel entstanden im Rahmen dieses Projekts, das Fehlermanagement wurde anhand konkreter Fallbesprechungen umgesetzt und die gesamte Diskussion um die außerklinische Geburtshilfe versachlicht. In einem anderen Bereich originärer Hebammentätigkeit, der Wochenbettbetreuung, entstehen momentan ebenfalls Qualitätszirkel, um die Güte der Arbeit zu sichern und die Leistungen unseres Berufsstandes transparent zu machen. Gabriele Stenz berichtet in diesem Heft über erste Ergebnisse aus Niedersachsen.

    Im Hinblick auf die Entlassung in die Selbstverwaltung ab dem Jahr 2007 können genau solche Projekte von enormer Wichtigkeit als Verhandlungsbasis für die Gebühren und zum Nachweis der hohen Qualität und Effektivität von Hebammenarbeit sein. Denn, um abschließend sinnbildlich noch einmal – diesmal mit Aristoteles – auf hohe See zu gehen: „Man kann den Wind nicht ändern, aber die Segel richtig setzen." In diesem Sinne grüße ich Sie herzlich.