Nachsorge und Wochenbettbetreuung

  • Prof. Dr. Birgit Reime: „Es wird notwendig werden, dass Hebammen die Qualität ihrer Arbeit zumindest in ihren angestammten Bereichen, wie der Wochenbettbetreuung, wissenschaftlich fundiert darlegen.“

  • Die Nachsorge und Wochenbettbetreuung gehört in Deutschland zu den wichtigsten Standbeinen der Hebammentätigkeit. Die Bezahlung dafür ist jedoch bescheiden: 22,05 Euro bekommt eine Hebamme im Osten und 24,50 Euro im Westen für diese wichtige medizinische und psychosoziale Arbeit mit Mutter und Kind. Im Kontext von Diskussionen um Gebührenverhandlungen, Entlassung in die „Selbstverwaltung" und Rationierung von Leistungen wird es immer wichtiger, dass Hebammen Belege für die Effektivität ihrer Arbeit liefern können. Bei der Recherche zu diesem Thema war ich erstaunt, dass ausgerechnet in den USA, wo der Beruf der Hebamme wesentlich weniger etabliert ist als hier, die meisten Studien durchgeführt wurden, die die Effektivität von Hebammennachsorge demonstriert haben. In den USA kann man durch Datenmaterial belegen, dass die Krankenkassen durch die ambulante Nachsorge Geld sparen, denn betreute Neugeborene werden seltener wegen Dehydrierung oder Ikterus in Kliniken eingewiesen und Frauen haben seltener eine postpartale Depression als Frauen, die rouinemäßig länger in der Klinik blieben.

    Auch in unserem Nachbarland Schweiz lässt sich der Benefit durch Hebammennachsorge beziffern: 1.221 Schweizer Franken sparen die Krankenkassen, wenn eine Wöchnerin früher entlassen und von einer Hebamme zu Hause betreut wird, verglichen mit dem routinemäßigen Klinik­aufenthalt. Warum gibt es in Deutschland keine vergleichbaren Studien? Gäbe es Hebammen, die so einer Frage wissenschaftlich fundiert nachgehen würden? In Workshops und auf Kongressen habe ich leider immer wieder von Hebammen gehört, die Qualität der Hebammentätigkeit spräche für sich und so lange die Frauen wüssten, dass die Hebammen gute Arbeit leisten, brauche man keine Daten dazu …

    Christiane Schwarz führt die LeserInnen in diesem Heft in eine Nahttechnik ein, die sie während ihrer Hebammentätigkeit in England gelernt hat. Daneben stellt sie die Grundprinzipien der Wundversorgung post partum vor. Die von ihr aufgeführten wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Dammnaht werden nach Evidenzleveln, also nach dem Grad der Gewissheit klassifiziert. Die Autorin kann dabei unter anderem auf 20 Jahre Erfahrung in der Hausgeburtshilfe in verschiedenen Ländern und auf ihre Kenntnisse als forschende Hebamme und Gesundheitswissenschaftlerin zurückgreifen. An diesem Beispiel zeigt sich, dass sich profunde praktische Erfahrungen in der Hebammenkunst und wissenschaftliche Methodenkompetenz keinesfalls ausschließen.

    Im Zuge der begrenzten Ressourcen im Gesundheitswesen wird es notwendig werden, dass Hebammen die Qualität ihrer Arbeit zumindest in ihren angestammten Bereichen, wie denen der Wochenbettbetreuung, wissenschaftlich fundiert darlegen und deren Effektivität zum Beispiel in Gebührenverhandlungen auf qualifizierte Art und Weise vertreten können. Mehr forschende Hebammen braucht das Land!