Überzeugende Belege

  • Birgit Heimbach, Hebamme und Redakteurin der DHZ: »Viele Hebammen halten das Belegsystem für den absoluten Goldstandard, weil es im Kreißsaal die nötige Flexibilität ermöglicht.«

  • Zunächst muss man die Unterschiede der beiden Systeme verstehen: Begleit-Beleghebammen begleiten ihre Schwangeren, die sie in der Regel bereits seit Wochen kennen, zur geplanten Geburt ins Krankenhaus und verlassen sie erst wieder, wenn Mutter und Kind auf der Wöchnerinnenstation sind oder ins häusliche Wochenbett fahren. Dienst-Beleghebammen dagegen arbeiten in einem Dienst- oder Schichtsystem oder im Bereitschaftsdienst eines Krankenhauses – nach außen wie Angestellte, also in zeitlich klar begrenzten Einsätzen, die aber individuell gelegt werden können.

    Alle Beleghebammen sind freiberuflich tätig. Sie müssen einzeln oder im Team ihre Rechtsform definieren und kooperativ verhandeln, wie sie von der Arbeitsorganisation des Krankenhauses klar abgegrenzt werden. Aber aus den zwei Systemen ergeben sich unterschiedliche Rechte und Pflichten gegenüber den KooperationspartnerInnen wie KollegInnen und Krankenhausbetreibern. Für Begleit- und Dienst-Beleghebammen sind zudem verschiedene Betreuungsschlüssel und Vergütungsformen vorgesehen.

    Es gibt einleuchtende Vorteile für jedes Modell. Ursula Jahn-Zöhrens, Beirätin für den freiberuflichen Bereich im Deutschen Hebammen­verband, gefällt an dem System der Begleit-Beleghebammen besonders das Prinzip der Kontinuität durch die Betreuenden. Mit Blick auf ihre eigenen Ressourcen haben sich viele Hebammen zu Teams zusammengeschlossen. In beiden Systemen stärkt die Autonomie ein unabhängiges und eigenverantwortliches Berufsbild der Hebammen. Nicht zu vernachlässigen sind die Flexibilität und die höheren Verdienstmöglichkeiten, wobei es hier teils auf die Arbeitsbedingungen ankommt, die nicht immer alle begeistern.

    Beide Systeme haben sich etabliert. Laut Statistischem Bundesamt waren 2017 von ungefähr 24.000 Hebammen bundesweit insgesamt 1.848 Beleghebammen, das sind 16 %. Anfang der 2000er mussten viele Hebammen aufgrund des Kostendrucks auf die Kliniken in die Selbstständigkeit wechseln. Heute entscheiden sich viele aus eigener Überzeugung dafür.

    Wie ausgeklügelt alles konstruiert ist und doch an mancher Stelle in der Umsetzung Probleme bereitet, zeigt sich in Bayern, wo der Anteil der Belegkräfte mit rund 51 % besonders groß ist, Tendenz steigend. Sie haben im letzten Jahr einen Verband für Beleghebammen gegründet, um die eigenen Interessen noch besser zu vertreten. In Bayern gibt es auch die bundesweit größten Dienst-Beleghebammenteams, mit teilweise mehr als 30 Kolleginnen. In diesem Heft geben eine Hebamme und eine Ärztin Erfahrungen aus so einem Mammut-Team weiter: Beide schreiben von einer kollegialen, engen, kooperativen und wertschätzenden Zusammenarbeit auf Augenhöhe, was die Schwangeren zu schätzen wissen – jeweils gut belegt!