Wagen und gewinnen!

  • „Vorwärts und nicht vergessen, worin unsere Stärke besteht: (...) die Solidarität!" So dichtete zwischen 1929 und 1930 Bertolt Brecht das bekannte Arbeiterlied. Es hat nichts von seiner Aktualität verloren, wenn es gilt, Menschen daran zu erinnern, dass sie alleine wenig ausrichten können. Unser Titelthema über die Zukunft der Geburtshilfe zeigt, dass auch in der aktuellen Krise der klinischen wie außerklinischen Geburtshilfe ein entschlossenes und vor allem gemeinsames Handeln gegen den allgemeinen Trend tatsächlich Gutes bewirken und neue Maßstäbe setzen kann. Ob es die Senkung der Sectioraten im Coesfelder Perinatalzentrum Level I ist (S. 26 ff.), ein tragfähiges Arbeitskonzept eines Teams von Beleghebammen in Hamburg (S. 32 ff.) oder die langsam, aber sicher steigende Zahl von Hebammenkreißsälen und deren Geburtenzahlen (S. 38 ff.) – solche Erfolgsgeschichten sind nur möglich, weil alle Beteiligten gemeinsam an einem Strang gezogen haben. Und sie sind zukunftsweisende Beispiele, in denen Hebammen nicht auf Hilfe von oben warteten, sondern selbst neue Strategien entwickelten und umsetzten.

    Natürlich muss weiter berufspolitisch und gesellschaftlich für menschliche und sichere Rahmenbedingungen in der Geburtshilfe in Deutschland gekämpft werden. Aber mit gelingenden Projekten lässt sich besser Politik machen als mit Jammern und Klagen. Gute Vorbilder sind schwer zu entkräften. Sie zeigen, was Menschen brauchen und was engagierte Teams schaffen können. Auch für den Nachwuchs in unserem Beruf sind gute Beispiele notwendig und motivierend. So haben Kliniken mit einer attraktiven Geburtshilfe weniger Probleme, neue Hebammen einzustellen. In Zeiten des Hebammenmangels kann dies ein starkes Argument sein, um Klinik- oder Kreißsaalleitungen von neuen Wegen zu überzeugen.

    Alleine zu kämpfen macht müde und schwach, ob freiberuflich oder in der Klinik. Im Team lässt es sich besser arbeiten und wirtschaften. Es ist Zeit, die gemeinsamen Interessen herauszufinden und konsequent zu verfolgen und für die eigenen Bedürfnisse einzutreten – miteinander und solidarisch. Wer die Last teilt und Kompetenzen und Ressourcen mit anderen zusammen nutzt, hat die besseren Chancen, gestärkt aus Krisen wie den aktuellen Umstrukturierungen in der Kliniklandschaft, der Freiberuflichkeit und der Geburtshilfe hervorzugehen. Wer es nicht versucht, hat schon verloren.

    Interdisziplinäre Verständigung, evidenzbasiertes Arbeiten, Kooperation statt Konkurrenz und Teambildung anstelle des vereinzelten Kämpfens sind wichtig für eine erfolgreiche Wandlung. Ein klares Ziel und das konsequente Handeln danach ebenso. Oder um es mit der Frauenkabarettgruppe Missfits zu sagen: „Wennze weiß, watte wills, musse machen, datte hinkomms!"