QM in der Freiberuflichkeit I Teil 20

Das Portfolio als Qualitätsmerkmal

Im neuen Vertrag über die Versorgung mit Hebammenhilfe aus dem fünften Sozialgesetzbuch gibt es auch konkrete Vorgaben, welche Bestandteile das QM-Handbuch der Hebamme enthalten muss. An erster Stelle ist dort das Portfolio genannt. Das ist eine Art Bewerbungsmappe der Hebamme, in der sie ihre Vita und ihre Kompetenzen darlegt. Ein einfaches übersichtliches Instrument, das laufend ergänzt werden kann. Monika Selow

Der Begriff Portfolio kommt aus dem Lateinischen und setzt sich aus den beiden Wörtern portare (tragen) und folium (Blatt) zusammen. In der Kunst wird er für die Sammelmappe mit Beispielen aus dem Werk des Künstlers verwendet (Fotos von Gemälden, Skizzen, Grafiken und ähnliches), in der Ökonomie für die Geldanlage (beispielsweise in Aktien, Fonds oder Immobilien). Seit Beginn des 21. Jahrhunderts wurde der Begriff in den Bildungsbereich übernommen und dort umfangreich theoretisch unterfüttert. Kurz zusammengefasst werden mit dem Portfolio die eigene berufliche Kompetenz und Weiterentwicklung dargestellt. Im Ergebnis entsteht eine Art Bewerbungsmappe mit einer tabellarischen Zusammenfassung und Anlagen, die fortlaufend gepflegt werden. Innerhalb des QM-Systems gibt das Portfolio einen ersten Überblick über das Angebot der Hebamme, die Organisationsform, in der ihre Leistungen erbracht werden, die dafür erforderliche Qualifikation und den Stand des QM-Systems.

Aus dem Inhalt des Portfolios leitet sich ab, was im QM-Handbuch bearbeitet werden muss und was nicht, beispielsweise weil der entsprechende Bereich nicht angeboten wird oder weil er im QM-System eines Trägers bearbeitet wird. Bei einer Überprüfung des QM-Systems durch Externe bildet es die Basis für die Überprüfung der Vollständigkeit des QM-Handbuches und der Kontrolle der für die einzelnen Leistungen erforderlichen Nachweise. Zum Portfolio sieht der Vertrag folgende Mindestangaben vor (Ausschnitt aus dem Vertrag über die Versorgung mit Hebammenhilfe nach § 134a SGB V, Anhang 3a der Anlage 3):

1. Portfolio (Vita)

Angaben zur Hebamme:


  • Kontaktdaten, gegebenenfalls Stempel

  • Nachweis der Anerkennung als Hebamme, besondere Qualifikationen und Bestätigungen
  • Nachweise nach § 3 Abs. 3 der Qualitätsvereinbarung
  • aktuelles Leistungsangebot (inklusive der Erläuterung über die praktischen Erfahrungen)
  • gegebenenfalls Bescheinigungen von Einrichtungen, in denen die Hebamme tätig ist (Hebammengeleitete Einrichtungen (HgE), die Vertragspartner nach § 134a SGB V sind und/oder Krankenhäuser), über ein dort angewandtes anerkanntes QM-System (beispielsweise Kopie des Auditnachweises, Zertifikat bei HgE oder formlos bei Krankenhäusern) inklusive einer Auflistung der im QM-System dieser Einrichtungen erfassten Leistungsbereiche
  • Regelungen zur Erreichbarkeit (zum Beispiel Sprechzeiten, Telefon/Anrufbeantworter/Mail)

Falls zutreffend:


  • Angaben zu angestellten Hebammen

  • Angaben zu eigener Mitarbeit in HgE/Praxen/Teams oder Gesundheitseinrichtungen oder ähnlichem (beispielsweise Beleghebamme im Schichtdienst oder Eins-zu-eins-Betreuung) und Netzwerk- oder Kooperationspartner sowie Qualitätszirkeln (aus Anhang 3a, der Anlage 3 zum Vertrag über die Versorgung mit Hebammenhilfe nach § 134a SGB V).

Die Umsetzung der vertraglichen Anforderung an ein Portfolio kann über ein Formular mit den entsprechenden Anlagen erfolgen.

 

Separate Bereiche privater Natur

 

Relevant im Sinne des Vertrages über die Versorgung mit Hebammenhilfe sind nur Leistungen und Angaben, die auch Vertragsbestandteil sind. Im Sinne der eigenen Qualitätsentwicklung können Hebammen aber zusätzliche Bestandteile ergänzen wie beispielsweise weitere Qualifikationen, die nicht zu einer Vergütung über den Vertrag über die Versorgung mit Hebammenhilfe führen. Dazu zählen beispielweise Akupunktur, Babymassage, Yoga oder berufsferne Kompetenzen. Dies können auch Arbeitsbereiche mit anderen Kostenträgern sein, wie beispielsweise Angebote für SelbstzahlerInnen, geringfügige Beschäftigungsverhältnisse, ehrenamtliche Tätigkeit und berufsferne Beschäftigungsverhältnisse oder Tätigkeiten.

Gegenüber dem Spitzenverband der Krankenkassen (GKV-SV) als Vertragspartner handelt es sich dabei um einen „privaten" Bereich, genauso wie bei der schriftlichen Reflexion über die eigene Qualifikation und deren Weiterentwicklung. Wenn Hebammen nicht wünschen, dass Externe diesen Bereich einsehen und eventuell überprüfen, können sie hierfür separate Bereiche im QM-Handbuch einrichten oder die Aufzeichnungen auf getrennten (eventuell andersfarbigen) Blättern abfassen.

Hebammen, die bereits mit dem „Hebammenkompetenzprofil" aus dem Elwin Staude Verlag arbeiten, haben das Portfolio schon erstellt und müssen es nur noch daraufhin überprüfen, ob es alle vertraglich geforderten Angaben und Nachweise enthält.

 

Ausblick

 

In der Rubrik „Organisation & Qualität" wurden in der DHZ in der Reihe „QM in der Freiberuflichkeit" seit Januar 2014 Themen behandelt, die auf Basis allgemeiner gesetzlicher Regelungen oder gemäß dem Berufsrecht der Hebamme Bestandteil und Grundlage der Berufsausübung sind. Diese finden sich auch in den Qualitätsmanagement-Systemen wieder.

Seit Inkrafttreten des neuen Vertrages über die Versorgung mit Hebammenhilfe nach § 134a des fünften Sozialgesetzbuches (SGB V) gibt es über die gesetzlichen Vorgaben hinaus bestimmte Bestandteile des Qualitätsmanagements (QM), die Hebammen zukünftig gegenüber den Krankenkassen nachweisen müssen. Der Nachweis über die Fertigstellung des Handbuches kann von den Krankenkassen frühestens zum 1. Januar 2018 in einer Stichprobenprüfung angefordert werden.

Der gesamte Vertrag umfasst derzeit knapp 90 Seiten, deren Übersichtlichkeit unter diversen verschachtelten Anlagen, Anhängen, Formularen und Beiblättern leidet. Nachdem sie den Nachweis über den Beginn der Erstellung eines QM-Handbuches erworben haben (siehe DHZ 3/2016, Seite 72ff.), fragen sich viele Hebammen, welche Bestandteile das Handbuch verbindlich enthalten muss. Die Mindestanforderungen an ein QM-Handbuch der Hebamme sind in Anhang 3a (Qualitätsmanagement) zur Anlage 3 (Qualitätsvereinbarung) des Vertrages über die Versorgung mit Hebammenhilfe definiert. Im zweiten Absatz mit der Überschrift „Vorhaltung und Pflege von Informationen/Unterlagen im QM-Handbuch der freiberuflichen Hebammen (Definition der Mindestanforderungen)" findet sich, was konkret von der Hebamme in einem QM-Handbuch erwartet wird.

Die sechs Bestandteile sind:

  1. Portfolio
  2. rechtliche Grundlagen
  3. Arbeitsmaterialien (in Abhängigkeit vom spezifischen Versorgungsspektrum) und Hygiene
  4. Dokumentation und Archivierung
  5. Prozessdarstellung (Inhalte analog Leistungsbeschreibung und in Abhängigkeit vom spezifischen Versorgungsspektrum)
  6. Fort- und Weiterbildung.

Eng verknüpft mit dem Portfolio ist der Bereich der Fortbildung, der im Vertrag jedoch erst als letzter Punkt genannt wird. Logischer wäre es, ihn direkt anschließend in das QM-Handbuch aufzunehmen.

Die nächsten Folgen in der Reihe „QM in der Freiberuflichkeit" werden sich diesen Punkten widmen. So erfahren Hebammen, deren Priorität auf einer nachweisorientierten, pragmatischen Erstellung ihres Handbuches liegt, was sie mindestens für das QM-Handbuch erstellen müssen und wie ein entsprechendes Dokument zum Nachweis der Bearbeitung des Themas aussehen kann. Diese sechs Bestandteile sind unabhängig davon zu erfüllen, für welches QM-System beziehungsweise welchen Anbieter die Hebamme sich entschieden hat. Es ist davon auszugehen, dass alle QM-Systeme, die für Hebammen angeboten werden, (zukünftig) diese Punkte enthalten werden.

Sehr wahrscheinlich ist jedoch, dass sie darüber hinaus Punkte enthalten, die innerhalb des QM-Systems verbindlich sind, beispielsweise um ein Zertifikat zu erhalten. Diese Bestandteile können durchaus nützlich sein, sind jedoch alleine zum Zweck der Erfüllung gesetzlicher Anforderungen oder zum Nachweis gegenüber dem GKV Spitzenverband kein zwingender Bestandteil des QM-Handbuches.

Rubrik: Organisation & Qualität, QM | DHZ 04/2016

Literatur

Schwarz Ch, Krauspenhaar D: Hebammenkompetenzprofil. Ordner mit Register und Einlegeblättern. Elwin Staude Verlag 2014. Best.-Nr.: 2300

§ 134a Sozialgesetzbuch (SGB): Fünftes Buch (V) – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V). Artikel 1 G. v. 20.12.1988 BGBl. I S. 2477, 2482; zuletzt geändert durch Artikel 4 G. v. 21.12.2015 BGBl. I S. 2424, Geltung ab 1.1.1989; FNA: 860–5 Sozialgesetzbuch. http://www.buzer.de/gesetz/2497/a149590.htm (letzter Zugriff: 20.01.2016)

Vertrag über die Versorgung mit Hebammenhilfe nach § 134a Abs. 1 SGB V: in der Fassung des Schiedsspruches 2015. https://www.gkv-spitzenverband.de/krankenversicherung/ambulante_leistungen/hebammen/hebammenhilfevertrag/hebammenhilfevertrag.jsp (letzter Zugriff: 20.1.2016)
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