Posterwettbewerb

Schwanger und krebskrank

Wie kann eine krebskranke Schwangere optimal begleitet werden? Für diese Situation gibt es keine Evidenz. Das Poster vom 3. DHZCongress deckt Defizite auf und bestärkt den umfassenden Blick auf das Gesunde und das Kranke. Kim Justina Kern

Meine Bachelorarbeit trägt den Titel „Schwanger und krebskrank – Wie kann eine krebskranke Schwangere beim Mutterwerden unterstützt werden?" Dafür wurde eine systematische Literaturrecherche in einschlägigen Datenbanken durchgeführt.

Daneben wurden zwei Hebammen, die in der Vergangenheit Frauen in ihrer Schwangerschaft mit einer Krebserkrankung und nach der Geburt begleitet haben, interviewt. Um auch die Sicht einer betroffenen Frau darstellen zu können, wurde von mir ein Internetblog analysiert.

 

Kein standardisiertes Vorgehen

 

Die Zahl der Frauen im reproduktiven Alter, die an Krebs erkranken, nimmt zu (Billingsley et al. 2014). Zudem wird Krebs immer häufiger innerhalb der Schwangerschaftsvorsorge diagnostiziert (Amant et al. 2010). Tritt eine Krebserkrankung zeitgleich mit einer Schwangerschaft auf, stellt diese Situation eine besondere Herausforderung für alle Beteiligten, nicht nur für das Paar oder die Mutter dar, sondern auch für die betreuenden Hebammen, ÄrztInnen und sonstige behandelnde Berufsgruppen.

Die zugrundeliegende Theorie der Arbeit ist die Annahme, dass eine Schwangerschaft einen Prozess des Mutterwerdens wie eine Art „Statuspassage" darstellt. Dieser Weg ist durch verschiedene Faktoren, sowohl positiv als auch negativ beeinflussbar. Nicht nur das nähere Umfeld der werdenden Mutter kann sehr starke Einflüsse ausüben, auch die Haltung der Gesellschaft oder die des involvierten medizinischen Fachpersonals können die Frau in ihren Entscheidungen und Handlungen maßgeblich beeinflussen. Bei der Bearbeitung der Forschungsfrage vor diesem Hintergrund ergab sich, dass die Datenlage zu Krebs in der Schwangerschaft unzureichend ist. Es gibt nur wenige Studien zum mütterlichen und fetalen Outcome. Auch fehlen Studien über den Einsatz von Medikamenten zur Krebsbehandlung in der Schwangerschaft, dazu sind lediglich vereinzelt Fallberichte veröffentlicht.

Es gibt keine Empfehlung für ein standardisiertes Vorgehen. Grund hierfür ist sicherlich auch die Individualität der Fälle. Entscheidend für die Behandlung ist die Krebsform und auch, ob es sich um ein Rezidiv handelt. Maßgeblich ist auch das Gestationsalter.

Der dominierende medizinische Blick auf Schwangerschaft und Geburt spiegelt sich in der Literatur wider. Das Erleben des Mutterwerdens in dieser besonderen Situation wird in allen gesichteten Studien außer Acht gelassen. Auch wird der Schwangerschaft als getrennt von der Krankheit zu sehender Vorgang eine untergeordnete Rolle zugeschrieben.

 

Auch das Normale existiert

 

Allerdings ist es wichtig, neben der Erkrankung die Frau auch als „normale" Schwangere zu sehen, mit gewöhnlichen Fragen und Beschwerden. Es kann zu normalen Schwangerschaftsbeschwerden kommen, die auch als solche zu sehen sind. Dies gibt der Frau ein Stück Normalität in diesem besonderen Umstand. Es bedarf einer besonders feinfühligen Begleitung durch ein interdisziplinäres Team, das die Frau mit all ihren Wünschen, Sorgen und Vorstellungen maßgeblich an der Entscheidungsfindung beteiligt.

Der Frau wird durch die Gesellschaft häufig Mitleid entgegengebracht, ihre Entscheidung für ein Kind in solch einer Situation häufig kritisch gesehen. Wir sollten der Frau einen Raum geben, sich offen freuen und auch die ganz normale Schwangere sein zu können.

 

Resümee

 

Es besteht großer Forschungsbedarf zum Thema Erleben einer Schwangerschaft mit Krebserkrankung in dieser besonderen Situation besteht. Generell erscheint mir das Thema als Tabu, welchem jedoch mehr Beachtung zukommen sollte. Wichtig ist es, Frauen in der Zeit ihrer Schwangerschaft sensibel und nach dem neuesten Wissenstand zu betreuen, um das beste Outcome für Mutter und Kind erreichen zu können. Gerade der besondere Fall einer Krebserkrankung, die in diesen sensiblen Zeitraum fällt, bedarf eines bedachten Vorgehens. Ich wünsche mir für die Zukunft einen Rückgang der Medikalisierung von Schwangerschaft und Geburt, denn nur wenn wir wieder mehr zu einer physiologischen Betrachtung gehen, können wir Frauen in „besonderen Umständen" begleiten, ohne die Schwangerschaft wegen der Krankheit aus dem Auge zu verlieren.

Rubrik: Ausbildung & Studium | DHZ 05/2017

Literatur

Eine Auswahl der Literatur findet sich auf dem nebenstehenden Poster.

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