Altersvorsorge | Teil 2

Sich zusätzlich absichern

Neben der Absicherung durch zusätzliche Rentenversicherungen, wie Riester und Rürup (siehe DHZ 3/2015), können Hebammen auch eine Vermögensbildung durch Immobilien und/oder Aktien in Erwägung ziehen. Vorab sollten sie jedoch die Marktlage erfassen, sich gut informieren und beraten lassen. Damit die gewünschte On-top-Vermögensbildung nicht zum Flop wird. Brigitte Ommeln
  • Ein Haus in guter Lage – der Traum vom Glück im Alter oder eine Sache der Absicherung?

Wer noch aus alten Zeiten eine kapitalbildende Lebensversicherung hat, die vor 2004 abgeschlossen wurde und mindestens zwölf Jahre lang läuft, hat einen Steuervorteil in der Auszahlungsphase. Zusätzlich haben diese Policen eine höhere Garantieverzinsung, so dass sich diese „Schätzchen" lohnen. Dagegen ist es heute nicht mehr sinnvoll, eine Lebens- oder Rentenversicherung ohne staatliche Förderung abzuschließen. Woran liegt das?

  • Bei Auszahlung müssen die Versicherten auf das Kapital Steuern zahlen, und zwar auf die Hälfte des Ertrages – der Differenz zwischen eingezahltem eigenem Geld und Gesamtgewinn. Das Finanzamt legt dabei den persönlichen Steuersatz zugrunde.
  • Auch eine Verrentung macht es nicht besser, denn 17 oder 18 Prozent Ertragsanteil, je nach Rentenbeginn, fallen auch hier an. Beispiel: 500 Euro Rente, Beginn der Rente mit 67 Jahren, finanzieller Ertragsanteil laut Steuertabelle 17 Prozent. Das bedeutet, dass 85 Euro (500 Euro x 17 Prozent) mit dem individuellen Steuersatz besteuert werden.
  • Schlimmer zu Buche fallen die gesunkenen garantierten Zinsen wie auch die dramatisch gesunkenen Überschüsse. Im Schnitt wirft eine Police heute nur noch drei Prozent ab, wohingegen in den 1990er Jahren mit sechs Prozent Verzinsung gerechnet wurde.

 

Ist die Zeit für eine Immobilie gekommen?

 

Ist durch die niedrigen Zinsen nun die Zeit für eine Immobilie gekommen? Denn was für die Lebensversicherer zum Albtraum geworden ist, freut die Häuslebauer: Ob selbst genutzt oder vermietet, nie war es günstiger, eine Immobilie zu finanzieren. Wer sich also im Alter über eine bezahlte Eigentumswohnung oder das bezahlte Häuschen freuen kann, hat eindeutig Vorteile: Denn steigende Mieten zehren die Rentenbezüge im Alter aus. Und auch der Kauf eines Mehrfamilienhauses als Renditeobjekt kann sich lohnen. Die niedrigen Zinsen machen eine Finanzierung interessant, aber lassen im Umkehrschluss die Immobilienpreise auch kräftig ansteigen. Hier gilt es, das passende Objekt zu finden: gut vermietet, fairer Kaufpreis, kein Renovierungsrückstau und „Lage, Lage, Lage".

Wer also darüber nachdenkt, sich eine Eigentumswohnungswohnung oder gar ein größeres Mehrfamilienhaus als Altersvorsorge zuzulegen, muss drei Dinge beachten:

  • Die Finanzierung muss auf soliden Füßen stehen. Die niedrigen Zinsen könnten einen dazu verleiten, sich mehr leisten zu wollen, als eigentlich geht. Die Finanzierung muss so berechnet werden, dass auch in zehn Jahren, wenn die Zinsen vermutlich wieder höher sein werden, eine Umschuldung locker zu stemmen ist.
  • Wer einen Altbau kauft, muss Renovierungs- und Modernisierungskosten einkalkulieren: Anstehende Kosten lieber großzügig als knapp schätzen. Zu bedenken ist, dass Investitionen zwar steuerlich interessant sein können, aber den Ertrag heute schmälern. Für Selbstnutzerinnen heißt das automatisch, dass sie mehr Eigenkapital benötigen, damit die Bank bei der Finanzierung mitspielt. Bei Renteneintritt sollte die Immobilie – egal ob eigengenutzt oder vermietet – wenn möglich ohne Sanierungsstau sein.
  • Es ist ein großer Unterschied, eine Immobilie als Selbstnutzerin oder als Renditeobjekt zu erwerben. Die Selbstnutzerin will in der Regel bei Renteneintritt schuldenfrei sein, wohingegen die Besitzerin einer vermieteten Eigentumswohnung oder eines Mehrfamilienhauses vor allem steuerliche Ziele verfolgt und im Alter mit regelmäßigen Mieteinnahmen rechnet. Das hat immer Einfluss auf das Objekt, also die Frage: Was und wo genau kaufe ich? Es beeinflusst auch die passende Höhe der Tilgung des Kredits.

Egal für welchen Weg sich Hebammen entscheiden: Die Kaufentscheidung sollte am besten ein Steuerberater oder eine Steuerberaterin begleiteten, die die Rentabilität und steuerlichen Besonderheiten berechnet – und zwar jetzt, während der Phase der Erwerbstätigkeit wie auch später im Alter. Und: Häuser und Wohnungen in Großstadtlagen lassen sich später besser veräußern als das Luxusschätzchen auf dem platten Land, wo es keinen Supermarkt und Arzt gibt. Zu berücksichtigen ist bei Ihrer Planung ebenso, dass die sprudelnden Mieten als Alterseinkünfte keine Nettoeinkünfte sind, sondern ebenfalls versteuert werden müssen.

 

Höhere Renditen an der Börse?

 

Altbekannt und dennoch oft missachtet sind Fonds-Sparpläne und die Direkt­investitionen in Aktien oder andere Wertpapiere. Zugegeben: Es erfordert aktives Management und einiges an Zeitaufwand, denn an der Börse dreht sich das Karussell schneller denn je. Das bedeutet, dass in regelmäßigen Abständen Fonds eventuell umgeschichtet werden müssen, von einigen Aktien trennt man sich und/oder kauft andere nach, regelmäßige Zinszahlungen von Anleihen und Obligationen wollen verwaltet werden. Informationen dazu gibt es nicht beim Bäcker, sondern diese muss sich jede Anlegerin teilweise mühsam selbst zusammensuchen. Welcher Fonds kommt in Frage? Soll ich stärker in Aktien oder doch lieber in festverzinsliche Papiere investieren? Welcher Mix ist der richtige? Wie viel „Ausland" darf dabei sein, oder investiere ich lieber in deutsche und europäische Fonds?

Diese Fragen nimmt einem der „nette Herr Kaiser" von der „Bank um die Ecke" nicht ab. Aktive Kauf- und Verkaufsentscheidungen treffen Anlegerinnen selbst. Dazu benötigen sie nicht nur ein wenig Grundwissen, sondern auch Zeit. Denn sie sollten – selbst wenn sie einen Vermittler oder eine Vermittlerin ihres Vertrauens gefunden haben – regelmäßig die Wirtschafts- und Geldpolitik verfolgen und ein Gespür dafür entwickeln, wann sie sich wieder um ihr Geld kümmern sollten. Wer sich traut und regelmäßig ein wenig Zeit investiert, kann sich aber über deutlich bessere Renditen freuen, als das Sparbuch abwirft, und hat dabei auch noch die Genugtuung, Altersversorgung und Vermögensbildung selbst zu gestalten.

Vorsicht ist geboten bei allen Angeboten, die Zinsen und Renditen versprechen, die auch dem Laien kaum erzielbar erscheinen. Wenn Sie heute von Angeboten lesen, in denen zweistellige Zinserträge erzielt werden, sollten Sie besonders achtsam sein, denn es könnte sich um Produkte des sogenannten grauen Kapitalmarktes handeln. Hier werden Produkte angeboten, die keiner staatlichen Aufsicht unterliegen, nicht an der Börse gehandelt werden und erfahrungsgemäß eher von unseriösen Vermittlern vertrieben werden. Jüngstes Beispiel ist die Affäre um den Windanlagenfinanzierer Prokon: Hier stehen 1,4 Milliarden Euro auf der Kippe. Wenn es weiterhin so schlecht läuft, werden 75.000 Anleger ihre Gelder verlieren. Gerade diese stillen Beteiligungen, Kapitalanlagen in Steuersparmodellen und geschlossene Fonds sind aktive Geldvernichter. Nicht nur die Zeitschrift Finanztest warnt vor „windigen" Windfonds, Solarbeteiligungen in Gegenden, in denen die Sonne nicht scheint, Beteiligungen an Schiffen und Containern, die abgewrackt werden müssen sowie Immobilien-Großprojekten, die nie bezugsfertig oder nur unter Preis vermietet werden können. Auch die Faustregel, dass Sachwerte immer besser seien als Geldwerte, gilt es zu überprüfen. Das ist ein gern genutztes Schlagwort bei meist unseriösen Vermittlern. Bevor Hebammen also in Gold und/oder andere Edelmetalle investieren, sollten sie sich informieren über historische Preisentwicklungen, Kauf- und Depotkosten sowie die Möglichkeiten eines Wiederverkaufes.

Wer sich nicht auskennt und auch keine Zeit und Lust hat, seine Vermögenspositionen selbst aktiv zu verfolgen, dem sei geraten: Finger weg von der Spekulation, sonst wird Geld „verbrannt".

 

Ausblick

 

Sich auf die gesetzliche Rente oder gar einen Partner an der Seite zu verlassen, das klappt heute nicht mehr. Wer später nicht von Altersarmut betroffen sein möchte, muss etwas tun. Das ist gar nicht so kompliziert, wenn drei Faustregeln beachtet werden:

  • Wer nicht spart zur rechten Zeit, darbt zur Unzeit. Man sollte die Phase der Erwerbstätigkeit ganz konsequent nutzen und regelmäßig etwas Geld beiseitelegen.
  • Sparen ist immer Konsumverzicht! Man muss lernen, sich zur rechten Zeit zu belohnen, aber die Prioritäten neu festzulegen. Lippenstifte sind zwar sexy, eine eigene Rente und Unabhängigkeit im Alter sind es aber noch mehr.
  • Treffen Sie selbst die Entscheidungen und lassen Sie sich niemals drängeln. Man kann den Haushalt delegieren, aber nicht die Altersvorsorge und den Vermögensaufbau. Kontrolle und aktives Management sind hier besser als Vertrauen.

 

Wie viel brauche ich im Alter?

 

Den eigenen monatlichen Bedarf kennt jeder selbst am besten. Bei der Kalkulation des Sparbetrages für eine zusätzliche Rente oder bei der Berechnung des Kapitalbedarfs im Alter sind aber vorher einige grundsätzliche Überlegungen anzustellen.

Im Ruhestand: Im Alter werden bestimmte Ausgaben entfallen, andere werden neu hinzukommen und einige finanzielle Belastungen von heute bleiben auch im Ruhestand weitgehend gleich.

Keine Änderung bei den Kosten für die Grundbedürfnisse: Auch im Alter ist mit Ausgaben für Kleidung, Ernährung, Telefon und das Wohnen zu rechnen.

Bestimmte Ausgaben entfallen: Die Versicherungsprämien und Ausgaben für die Altersvorsorge oder die Belastungen aus dem Berufsleben wie Berufskleidung, Fahrtkosten, Fortbildung, Zweitauto und Ähnliches fallen weg. Auch die Kosten für die Ausbildung der Kinder oder die Kreditraten für das abbezahlte Eigenheim gehören in den meisten Fällen der Vergangenheit an.

Neue Ausgaben kommen hinzu: RentnerInnen haben endlich mehr Zeit für die Dinge, die ihnen wichtig sind und die sie in ihrer Erwerbszeit vernachlässigen mussten. Zwangsläufig steigen damit die Ausgaben für Hobbys, Urlaubsreisen und die Freizeitgestaltung. Vermutlich werden auch die Kosten für die Gesundheitsvorsorge oder Arztbesuche zunehmen.

Das Finanzamt und die Krankenkasse wollen auch noch an Ihr Geld. Bedenken Sie: Von ihrem jetzigen Netto-Einkommen müssen sie keine Steuern und Sozialabgaben mehr abziehen. Zukünftig müssen sie aber auf Ihre Renten und alle Versorgungsbezüge (auch Mieteinnahmen) neben den Steuern auch noch Krankenkassenbeiträge entrichten. Da kommen leicht an die 20 Prozent auf den Auszahlungsbetrag zusammen.

Die Inflation: Sie zehrt an der Kaufkraft des Geldes. Der Wert von 1.000 Euro bei 1,5 Prozent jährlicher Inflation liegt nach 20 Jahren bei nur noch 740 Euro. Sollte die Inflation wieder auf 2,5 Prozent ansteigen, schrumpfen die 1.000 Euro auf 610 Euro. Das bedeutet, dass Sparraten immer wieder leicht angepasst werden müssen, um mit der Inflation Schritt zu halten.

Schrumpfende Renditen, längere Lebenserwartung: Haben wir in den 1990er-Jahren noch mit durchschnittlich sechs Prozent Rendite kalkuliert, erreichen wir heute mit Mühe und Not eine Durchschnittsrendite von drei Prozent. Und das auch nur, wenn die Gelder „gestreut", also in unterschiedliche Papiere und Vermögensanlagen aufgeteilt werden. Klar, dass für das gleiche Ziel somit höhere Raten fällig werden. Es darf also ruhig ein bisschen mehr gespart werden, um das Ziel, ein auskömmliches Alter zu haben, auch zu erreichen. So erzielen Sparerinnen derzeit eine Verdoppelung ihres Kapitals bei drei Prozent Zinssatz erst nach 43 Jahren, was bei sechs Prozent Verzinsung bereits nach 23 Jahren klappte. Um im Alter eine Zusatzrente von 500 Euro ausgezahlt zu bekommen, benötigt man aus heutiger Sicht etwa 120.000 Euro Vermögen. Damit eine 30-Jährige mit 67 Jahren diese 120.000 Euro erreicht, muss sie jeden Monat 150 Euro zur Seite legen. Eine 40-Jährige greift mit 250 Euro schon deutlich tiefer in die Tasche. Wer das für sich selbst berechnen möchte, kann im Internet auf einen Zinseszinsrechner zurückgreifen: http://www.zinsen-berechnen.de/zinseszinstabelle.php.

Rubrik: Beruf & Praxis | DHZ 04/2015

Literatur

BMFSJ: 2. Atlas zur Gleichstellung von Frauen und Männern in Deutschland: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Kapitel III: 70 (2013)

Grabka, M.; Westermeier, Ch.: Anhaltend hohe Vermögensungleichheit in Deutschland. Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). 81. Jahrgang: Nr. 9 (2014)

Höllger, T.; Sobull, D.: Frauen und ihre Altersvorsorge II, Wunsch und Wirklichkeit. Deutsches Institut für Altersvorsorge. Köln. Eigenverlag (2001)
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