Kompetente Agentin

Angela Verbeeten, Präsidentin des niederländischen Hebammenverbandes, begann vor zehn Jahren mit der bildgebenden Ultraschalldiagnostik bei Schwangeren. Inzwischen hat sie ein Zentrum für fetales Screening aufgebaut. 70 Prozent aller holländischen Hebammenpraxen besitzen ein Ultraschallgerät. Hebammen lernen die Technik, seit es als evident gilt, dass eine frühe Sonografie eine Geburtseinleitung wegen vermeintlicher Terminüberschreitung verhindern kann. Die Hebammen schallen bei vaginalen Blutungen und abdominalen Schmerzen, sie kontrollieren den Sitz der Plazenta, das fetale Wachstum und die kindliche Lage am Ende der Schwangerschaft. Für Verbeeten gibt es keine stichhaltigen Argumente dagegen, sich die Technik anzueignen.

Prof. Dr. Klaus Vetter, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, bedauert, dass hierzulande der Ultraschall nach 40 Jahren Dienst in der Geburtshilfe immer noch umstritten ist: „Sinnvoll eingesetzt, ist Ultraschall mitunter für Mutter und Kind lebensrettend. Dies gilt besonders für bedrohliche Plazentastörungen.“ Deutsche Hebammen sehen eher die Gefahr einer Überdiagnostik und Verunsicherung. Würde sich etwas ändern, wenn sie selbst bestimmte Untersuchungen durchführen könnten? Prof. Matthias Meyer-Wittkopf, leitender Arzt des Zentrums für Ultraschalldiagnostik und Pränatalmedizin am Mathias-Spital Rheine, meint: „Als Sonografer machen Hebammen mitunter einen qualitativ hochwertigeren Ultraschall als manche Ärzte, nicht zuletzt weil sie vielfach einen einfühlsameren Draht zu den Frauen haben.“ In Deutschland dürfen Hebammen offiziell jedoch nicht einmal bestimmte, nach vernünftigen Kriterien ausgewählte Ultraschalluntersuchungen durchführen, weil diese als eine ärztliche Tätigkeit definiert sind. Manche Hebammen haben aber auch kein Interesse daran – etwa, weil dies ihrem salutogenetischen Grundverständnis widersprechen würde. Doch wäre es nicht eine zeitgemäße Erweiterung ihrer Schwangerenvorsorge, bei der sie sorgsam auch andere Parameter überprüfen könnten? Sollten Hebammen nicht die Möglichkeit bekommen, sich in Ultraschalltechnik fortzubilden und bestimmte Basisuntersuchungen übernehmen dürfen? Vielleicht eine paradoxe Chance. Aber „nur als kompetente Agentin der Geburtsmedizin kann sich die Hebamme die Freiheit verschaffen, sich der Schwangeren als Geburtshelferin zuzuwenden“, meinte die Soziologin und Ultraschallkritikerin Prof. Dr. Barbara Duden vor 13 Jahren im Vortrag „Kann die Hebammenkunst den Ultraschall überleben?“ Heute fügt sie hinzu: „Warum sollten Hebammen den Ultraschall nicht als begrenztes diagnostisches Mittel gebrauchen? Auf den klugen, umsichtigen Gebrauch der Technik kommt es an.“

Die sich stets weiter entwickelnde Ultraschalldiagnostik ist in vielen Bereichen rund um Mutter und Kind etabliert. Wir werden immer öfter mit Ultraschallbildern konfrontiert. Und seitdem sie als künstlerisches Motiv entdeckt wurden, hängen sie auch als Ölbild an mancher Wand. Doch ohne ein gewisses Basiswissen bleiben sie Suchbilder voller Rätsel.