Vor 120 Jahren ...

Wir wissen, dass wir uns einem schweren und opfervollen Berufe hingegeben haben. Wir wollen aber darum auch in keinerlei Beziehung auf den Genuß verzichten, auf den wir gerechten Anspruch haben. … Wir wollen nicht Reichthümer sammeln, aber dürfen uns auch nicht mit elenden Bissen abspeisen lassen. Jede Leistung darf eine entsprechende Gegenleistung fordern." Beeindruckt war ich von diesen selbstbewussten Zeilen, als ich zum Anlass des 120-jährigen Jubiläums der Deutschen Hebammen Zeitschrift in der ersten Ausgabe ihrer Vorgängerin, der Berliner Hebammen-Zeitung, blätterte. Olga Gebauer, die damalige Herausgeberin und Redakteurin, schreibt dies in ihrem Vorwort der Nr. 1 – und ihre Zeilen haben heute so viel Bestand wie vor 120 Jahren. 120 Jahre und wieder – oder besser: immer noch – kämpfen Hebammen um eine angemessene Vergütung und entsprechende Anerkennung.

Die zweite Stufe der Gebührenerhöhung, bereits für 2005 angekündigt, droht vor dem Hintergrund der Entlassung in die Selbstverwaltung in der Versenkung zu verschwinden. Im Januar 2007 ist es so weit mit der Selbstverwaltung, bis zum November dieses Jahres müssen die Hebammenverbände die Verträge mit den Krankenkassenverbänden aushandeln. Auf welcher Basis tun sie das und wie sind sie gerüstet? Sinnvoll wäre, die Verträge auf der Basis der zweiten, besser der dritten Stufe der Gebührenordnung zu verhandeln. Fest steht, dass hier gekämpft werden muss für eine angemessene und gerechte Entlohnung. Ein Vorteil: Heute sind die Hebammen bundesweit organisiert, einem Austausch an Informationen steht nichts im Wege. Wichtig ist, dass dieser Austausch an Wissen und die Stärke, die in der Organisation liegt, auch genutzt werden. Darauf konnte Olga Gebauer, die die ersten Ausgaben der Berliner Hebammen-Zeitung im Selbstverlag herausgegeben hat – bevor sie dann als Allgemeine Deutsche Hebammen-Zeitung im Elwin Staude Verlag erschien –, nicht setzen. Die Hebammen zu organisieren und zum Austausch anzuregen, waren vor 120 Jahren ihre Anliegen: „Die erste Bedingung für ein gemeinschaftliches Handeln ist offenbar die Annäherung aller Berufsgenossinnen …" Aus „eigenen Quellen und Erfahrungen" sollte das Blatt schöpfen und selbstständig sein.

Seitdem hat die Zeitschrift eine lange Geschichte hinter sich, die von politischen und gesellschaftlichen Strömungen, verschiedenen Schriftleitungen und Persönlichkeiten innerhalb des Verlages geprägt worden ist. Was heute ebenso Gültigkeit hat wie vor 120 Jahren, ist die Notwendigkeit, die Olga Gebauer anspricht, das „so reiche Material von Erfahrung und Wissen" der Hebammen lebendig zu machen und zu erschließen. Dass die Historikerin Prof. Dr. Barbara Duden mit ihrem Team in dieser Jubiläumsausgabe Texte zur Professionalisierung des Hebammenwesens zusammengestellt hat, folgt dieser Tradition. In diesem Sinne freue ich mich auf viele weitere wegweisende Ausgaben der Deutschen Hebammen Zeitschrift.