Posterwettbewerb

Dauer-CTG versus intermittierende Auskultation

Auf dem 1. DHZCongress präsentierte die Mainzer Hebamme und Studentin Silke Bunse ein Poster, mit dem sie die Effektivität und Nebenwirkungen der kontinuierlichen Kardiotokografie während der Geburt in Frage stellt. Mehr Eingriffe mit Folgen für Mutter und Kind seien die Konsequenz – der Nutzen sei in Frage zu stellen. Silke Bunse
  • Zur Posterpräsentation wurde das nebenstehende Handout mit den wichtigsten Voraussetzungen und dem Praxisvorgehen für eine „intelligente“ Auskultation verteilt. Darin wird die Eins-zu-eins-Betreuung als erste Prämisse für eine intermittierende Überwachung mittels Dopton beschrieben. Die Ergebnisse sollten immer in eine sorgfältige Dokumentation münden.

Das intrapartale Dauer-CTG ist heute deutschlandweit in nahezu allen Kliniken die allgemein anerkannte Methode, um das Kind während der physiologischen Geburt zu überwachen. Dagegen stehen jedoch Studienergebnisse, die eine besondere Beachtung verdienen, wenn es darum geht, unnötige Interventionen zu vermeiden. Diese Studien stellen eine Verbesserung des neonatalen Outcomes bei der Dauerüberwachung gegenüber der intermittierenden Überwachung per Dopton in Frage. Im Rahmen dieser Arbeit, angelehnt an eine Hausarbeit zum Thema Evidence-based-Practice, sollte die derzeitige Studienlage bezüglich Interventionsrate und neonatalem Outcome systematisch analysiert werden. Dieses Thema hatte mich besonders fasziniert, da ich in meiner praktischen Arbeit als Hebamme immer wieder auf Probleme und Einschränkungen durch die Verwendung des Dauer-CTGs stoße, vor allem was die Bewegungs- und Entscheidungsfreiheit der Gebärenden betrifft. Als grober thematischer Rahmen war von meiner Professorin Dr. Monika Greening die „Unterstützung des physiologischen Geburt durch die Hebamme" vorgegeben.

 

Literaturstudie in Datenbanken

 

Eine umfassende Literaturrecherche in den Datenbanken Medline und Cochrane-Library war die Basis meiner Arbeit. Ausgewählt wurden die Studien von mir nach den Kriterien: Passt die Thematik? Geht es um Dauer-CTG versus intermittierende Auskultation per Dopton? Am Ende kamen sechs wissenschaftliche Artikel, davon (drei randomisierte kontrollierte Studien (RCT), ein Review und zwei Metaanalysen in die engere Auswahl. Sie wurden nach festgelegten Qualitätskriterien beurteilt. Die Ergebnisse wurden auf ihre Verwertbarkeit und Qualität geprüft und zusammengefasst. Eingeschlossen wurden ausschließlich empirische Arbeiten, die das neonatale Outcome und die Interventionsrate in Zusammenhang mit der fetalen Überwachungsmethode während der Geburt untersucht haben und deren Volltexte verfügbar waren.

 

 

Übersicht: Qualitätsbeurteilung der Interventionsstudien, Reviews und Meta-Analysen

 

Risiko erhöht

 

Das Risiko für geburtshilfliche Interventionen, wie die Vakuumextraktion, Entbindung per Forzeps oder die sekundäre Sectio caesarea ist unter der Verwendung des intrapartalen Dauer-CTG deutlich erhöht. Das Risiko für eine PDA und sonstigen Schmerzmittelgebrauch sowie Oxytocingaben halten sich in beiden Gruppen die Waage.

Das langfristige kindliche Outcome konnte durch das intrapartale Dauer-CTG nicht verbessert werden. So sind Fünf-Minuten-Apgar, der arterielle Nabelschnur-pH-Wert sowie die perinatale Mortalität in beiden Gruppen nicht signifikant unterschiedlich.

Laut den statistischen Erhebungen hatten Kinder, die bei der Geburt per intermittierender Auskultation überwacht wurden, ein höheres Risiko für das Auftreten neonataler Krampfanfälle und hypoxisch-ischämischer Enzephalopathien, einer Hirnschädigung infolge mangelnder Sauerstoff- und Glukosezufuhr. An dieser Stelle muss jedoch zwingend die Frage nach dem logischen Zusammenhang folgen, sind doch Apgar- und pH-Werte in beiden Gruppen gleich. Die Vermutung eines Zufallsfehlers liegt nahe, da das Gesamtvorkommen der neonatalen Krampfanfalle in beiden Gruppen extrem niedrig war. Der Anteil der neonatalen Krampfanfälle in der Gruppe der Low-risk-Schwangeren lag bei Dauer-CTG bei 0,65 Promille, bei intermittierender Auskultation bei 1,7 Promille. An dieser Stelle besteht dringend weiterer Forschungsbedarf.

Im Gegensatz hierzu wiesen jedoch intrapartal dauerüberwachte Kinder ein nahezu vierfach höheres Risiko auf, bis zum zwölften Lebensmonat unter neurologischen Entwicklungsstörungen zu leiden. Die Anzahl der neurologischen Entwicklungsstörungen lag in der Gruppe der Low-risk-Schwangeren bei Dauer-CTG bei 8,5 Prozent, bei intermittierender Auskultation bei 2,2 Prozent.

 

Mehr Schaden als Nutzen

 

Ein Nutzen der in vielen deutschen Kreißsälen praktizierten kontinuierlichen Überwachung ist vor dem Hintergrund der geschilderten Ergebnisse gegenüber der intermittierenden Auskultation nicht gegeben. Die weitreichenden negativen Folgen für Mutter und Kind durch unnötige Interventionen und operative Entbindungen werden nicht durch ein verbessertes neonatales Outcome aufgewogen. So sei mit mehr und schwereren Geburtsverletzungen, unnötigen und schmerzhaften Interventionen wie Kristellerhilfe, Episiotomien, Vakuumextraktionen, Forzepsentbindungen, Zwang zur Entbindung im Liegen auf dem Bett zu rechnen – um nur einige zu nennen.

Wie steht es um das Geburtserleben der Frau in Zusammenhang mit einer Dauerüberwachung mittels CTG? Wir alle kennen die Problematik in den Kreißsälen unserer Kliniken, in denen Frauen allzu häufig während der Geburt in ihrer so wichtigen Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden. Dies wiederum kann sich negativ auf den Geburtsverlauf und auch das -erleben der Gebärenden auswirken.

 

Ausblick

 

Unumstritten ist eine Überwachung des ungeborenen Kindes während der Geburt notwendig und richtig. Doch warum entscheiden wir uns nicht für die Variante, die das beste Outcome für Mutter und Kind zur Folge hat? Diese ist die intermittierende Auskultation per Dopton nach einem bestimmten, festgelegten Handlungsalgorithmus. Eine Anpassung der bisherigen Praxis erscheint also dringend erforderlich. >

 

Hinweis

 

In den kommenden Ausgaben der DHZ werden an dieser Stelle alle Poster des Wettbewerbes von jeweils ihren Autorinnen vorgestellt.

Rubrik: Ausbildung & Studium | DHZ 01/2013

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