Video-Analyse

Krampfanfälle als mögliche Todesursache bei Kleinkindern

  • Videoaufzeichnungen deuten darauf hin, dass plötzlich und erklärbar gestorbene Kinder oftmals kurz vor ihrem Tod einen Krampfanfall erlitten. Dies hatten die Obuktionsergebnisse nicht gezeigt.

  • Mit der Auswertung von Heimvideoaufzeichnungen wurden Krampfanfälle als ein unmittelbares Vorläuferereignis plötzlicher Todesfälle bei Kleinkindern identifiziert. Diese Fallserie liefert erste Hinweise darauf, dass Krampfanfälle viel häufiger Ursache sein könnten, als es die Krankengeschichte oder Obduktionsberichte hätten vermuten lassen.

    »Unsere Studie, obwohl sie klein ist, bietet den ersten direkten Beweis dafür, dass Krampfanfälle für einige plötzliche Todesfälle bei Kindern verantwortlich sein können«, berichtete Erstautorin Laura Gould, wissen­schaftliche Assistenzprofessorin an der NYU Grossman School of Medicine in New York im Fachmagazin Neurology. Erst die Videobeweise hätten offenbart, dass Krampfanfälle als Erklärung in Betracht kommen, die jeweiligen Obduktions-Ergebnisse wären zuvor unauffällig gewesen.

    Im Rahmen dieser Arbeit analysierten acht Expert:innen aus den Bereichen forensische Pathologie, Neurologie und Schlafmedizin unabhängig voneinander zur Verfügung gestelltes Videomaterial von sieben Kleinkindern (vier Jungen und drei Mädchen) mit pötzlichem Kindstod zwischen dem 13. und 27. Lebensmonat. Es handelte sich hierbei um Heimvideoaufzeichnungen der letzten Schlafperiode des verstorbenen Kindes.

    Die Expert:innen-basierte Videoanalyse ergab, dass in fünf Fällen dem Tod krampf­artige Ereignisse vorausgingen, die zwischen 8 und 50 Sekunden andauerten. Alle Anfälle dauerten somit weniger als 60 Sekunden und traten innerhalb von 30 Minuten unmittelbar vor dem Tod des Kindes auf.

    Die Studienautor:innen schlussfolgern, dass vermutlich viele Fälle von unerklärbaren Todesfällen im Kleinkindalter auf Krampfanfälle zurückgeführt werden könnten. »Diese Studienergebnisse zeigen, dass Krampfanfälle viel häufiger sind, als es die Krankengeschichte der Pa­tienten vermuten lässt«, kom­mentierte der Seniorstudienautor Orrin Devinsky, Neurologe an der NYU Grossman School of Medicine in New York. Es sei weitere Forschung erforderlich, um festzustellen, ob Krampfanfälle bei Todesfällen im Schlaf bei Klein­kindern, Säuglingen und auch bei älteren Kindern und Erwachsenen gehäuft auftreten würden.

    Bei einem der verstobenen Kleinkinder wurden in der Vorgeschichte Fieberkrämpfe dokumentiert. Inwiefern Krampfanfälle mit oder ohne Fieber den Tod auslösen können, sollte laut Studienautor:innen eben­falls näher erforscht werden. Bisherige Erkenntnisse aus dem Bereich Epilepsie deuten auf Atembeschwerden hin, die nach einem Anfall auftreten und zum Tod führen können.

    Quelle: Gould, L., Reid, C. A., Rodriguez, A. J., Devinsky, O., & for SUDC Video Working Group (2024). Video Analyses of Sudden Unexplained Deaths in Toddlers. Neurology, 102(3), e208038. https://doi.org/10.1212/WNL.0000000000208038  aerzteblatt.de, 8. 1. 2024 ∙ DHZ

    Rubrik: 1. Lebensjahr

    Erscheinungsdatum: 10.01.2024