Prospektive randomisiert-kontrollierte Studie aus Großbritannien

Weniger Schmerzen in der Latenzphase durch Nutzung des Gebärballs?

  • Die Verwendung des Gebärballs kann Schwangere ermutigen, die Zeit während der Latenzphase länger zu Hause zu verbringen, und dazu beitragen, dass sich ein physiologischer Geburtsverlauf entwickelt.

  • Die Aufnahme in die Geburtsklinik während der Latenzphase bedeutet für Gebärende ein erhöhtes Risiko, dass mehr überflüssige geburtshilfliche Interventionen durchgeführt werden als zu einem späteren Zeitpunkt im Geburtsverlauf. Da Wehenschmerzen ein häufiger Grund für die Aufnahme sind, wird wichtig: Wie können Wehenschmerzen vor der Entscheidung, in die Geburtsklinik zu fahren, so beeinflusst werden, dass sie während der Latenzphase so lange wie möglich von der Gebärenden selbst gut bewältigt werden können?

    Durchgeführt wurde in diesem Zusammenhang eine Studie mit der Frage: Hat die Nutzung eines Gebärballs zu Hause das Potenzial, das Schmerzempfinden einer Gebärenden zu beeinflussen und somit auch eine spätere Aufnahme in die Klinik zu begünstigen?

    Durchgeführt wurde eine prospektive randomisiert-kontrollierte Studie in Großbritannien mit 294 Low-Risk-Gebärenden mit einer geplanten Klinikgeburt unter dem Akronym »BALL: Ball assisted latent labour trial«. Die Teilnehmer:innen wurden entweder in die Studiengruppe (Gruppe der »Ballnutzerinnen«, n=148) oder die Kontrollgruppe (Standardbetreuung, n=146) randomisiert. Die Ballnutzerinnen erhielten einen zur Größe der Teilnehmerin passenden Gebärball geschenkt und ein Informationsvideo zur Nutzung ab der 36. Schwangerschaftswoche. Sie wurden ermutigt, den Ball in der Latenzphase auf verschiedene Art und Weise zu nutzen.

    Der primäre Outcome-Parameter der Studie war das Schmerzempfinden der Gebärenden, das auf einer visuellen Analogskala (VAS) bei Aufnahme in die Klinik erhoben wurde. Ergänzend wurden Antworten eines Online-Fragebogens sechs Wochen nach der Geburt evaluiert.

    Ein VAS-Ergebnis lag bei 67,45 % der Studiengruppe und bei 77,53 % der Kontrollgruppe vor. Die Ergebnisse zeigten keine signifikanten Unterschiede in Bezug auf das Schmerzempfinden zum Zeitpunkt der Aufnahme in die Klinik zwischen der Studien- und Kontrollgruppe. Ballnutzerinnen hatten durchschnittliche Werte von 6,5 im Vergleich zur Kontrollgruppe mit durchschnittlichen VAS-Werten von 6,3. Die Gebärenden zeigten auch keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der durchschnittlichen Muttermundseröffnung zum Zeitpunkt der Aufnahme in die Klinik. Diese betrug durchschnittlich 5 cm in der Studiengruppe und 4,7 cm in der Kontrollgruppe.

    Jedoch wurde mit 63,3 % ein größerer Anteil an Gebärenden der Studiengruppe mit einem Muttermundsbefund über 4 cm aufgenommen. Die meisten Gebärenden erlebten den Gebärball hilfreich (89,2 %) und würden ihn bei weiteren Geburten erneut nutzen (92,5 %).

    Die Autor:innen fassen ihre Ergebnisse zusammen: Der Gebärball bietet Gebärenden eine sichere Möglichkeit, eigenständig einen Umgang mit dem Wehenschmerz zu finden. Die Akzeptanz unter Schwangeren ist hoch, einen Gebärball zu nutzen. Die Verwendung des Balls kann Gebärende ermutigen, die Zeit während der Latenzphase länger zu Hause zu verbringen, und dazu beitragen, dass sich ein physiologischer Geburtsverlauf entwickelt. Somit können mehr überflüssige geburtshilfliche Interventionen vermieden werden.

    Quelle:  Mylod, D. C. M., Hundley, V., Way, S., & Clark, C. (2023). Using a birth ball to reduce pain perception in the latent phase of labour: a randomised controlled trial. Women and birth : journal of the Australian College of Midwives, S1871-5192(23)00311-6. Advance online publication. https://doi.org/10.1016/j.wombi.2023.11.008 ∙ Beate Ramsayer/DHZ

     

    Rubrik: Geburt

    Erscheinungsdatum: 03.01.2024