Fenchelsamen enthalten Estragol. Dieses ist im Fencheltee in sehr unterschiedlichen Mengen enthalten. Inzwischen wird aufgrund seiner leberschädigenden Eigenschaften davon abgeraten, Kindern unter vier Jahren Fencheltee zu geben.

Estragole sind in einer Vielzahl verschiedener Pflanzen und medizinischer Produkte enthalten. Aus europäischer Perspektive stuft die European Medicines Agency (EMA) die Heilpflanzen Fenchel und Anis als interessanteste Heilpflanzen ein, die den Wirkstoff Estragol enthalten.

Fencheltee wird häufig zur Behandlung von Bauchschmerzen und Blähungen bei Säuglingen eingesetzt, wobei die Evidenzlage zur Wirksamkeit und Sicherheit bislang lückenhaft war und nun vollständiger wird.

Seit dem Jahr 2005 veröffentlicht das »Committee on Herbal Medicinal Products« (HMPC) der EMA Einschätzungen und Empfehlungen zu estragolhaltigen Pflanzen und medizinischen Produkten in Bezug auf gesundheitsfördernde und gesundheitsschädliche Eigenschaften. Am 12. Mai 2023 wurde eine aktualisierte Publikation zur Verwendung estragolhaltiger medizinischer Produkte veröffentlicht (EMA, 2023). Eine Zusammenfassung erfolgte in der Monatsschrift Kinderheilkunde (Voitl, 2023).

Keine allgemein anerkannten Grenzwerte

Derzeit existieren keine allgemein anerkannten Grenzwerte für die Estragolkonzentration in medizinischen Produkten. Es wurden bislang noch keine Studien am Menschen, jedoch verschiedene Tierversuche an Mäusen und Ratten durchgeführt. Im Tierversuch einer toxikologischen Studie verstarben jedoch alle weibliche Mäuse innerhalb einer Woche aufgrund einer Lebernekrose, nachdem diese 600 mg Estragol/kg Körpergewicht verabreicht bekamen (Bristol, 2011). Auch andere von der EMA (2023) zitierte Studien gaben Hinweise darauf, dass hohe Dosen von Estragol leberschädigend/hepatotoxisch wirken.

Estragolgehalt in Fencheltees sehr unterschiedlich

Der Estragolgehalt in Fencheltees kann sehr stark schwanken. So zeigte eine Studie auf, dass die Spannbreite zwischen 78,0–4.633,5 Mikrogramm pro Liter Estragol liegen kann (Mihats, 2017). Dementsprechend kann auch die Tagesdosis an Estragol bei den Säuglingen schwanken, welche die verschiedenen Tees konsumieren: Sie können zwischen 0,008 bis 20,78 Mikrogramm Estragol pro kg/Körpergewicht liegen. Voitl (2023) gibt zu bedenken, dass bei der ergänzenden Gabe weiterer Nahrungsmittel mit Fenchelprodukten möglicherweise die Tagesdosis an Estragol dem hepatotoxischen Bereich nahekommt, was die zurückhaltende Position der EMA in Bezug auf die Sicherheit estragolhaltiger Produkte bei Säuglingen verstehen lässt.

Zusammenfassung

Die EMA fasst zusammen: Aufgrund der allgemein anerkannten Hinweise auf genotoxische Karzinogenität sollte die Exposition gegenüber Estragol vermieden werden. Dabei kann die Aufnahme geringer Mengen Estragole über die Nahrung vernachlässigt werden, da diese unvermeidbar sind. Voitl (2023) empfiehlt, estragolhaltige Produkte so wenig wie möglich zu verwenden und auf ein kurzes Zeitintervall zu beschränken. Zudem solle der Fokus bei einer Unruheproblematik auf eine mögliche Interaktionsproblematik nicht allein auf kindliche Blähungen, gerichtet werden.

Empfehlung

Die EMA empfiehlt: Schwangere und stillende Frauen sollten eine tägliche Gesamtmenge von 0,05 mg Estragol pro Person/Tag nicht überschreiten. Kindern bis zum Alter von elf Jahren sollten täglich nicht mehr als 1,0 Mikrogramm Estragol/kg Körpergewicht, Kinder unter vier Jahren kein Estragol zu sich nehmen.

Quelle:

Bristol, D.W. (2011). NTP 3-month toxicity studies of estragole (CAS No. 140-67-0) administered by gavage to F344/N rats and B6C3F1 mice. Toxicity Report Series, 82:1-111.

EMA (2023). European Medicines Agency. Public statement on the use of herbal medicinal products containing estragole. EMA/HMPC/137212/2005/Rev 1 Corr 1.

Mihats, D., Pilsbacher, L., Gabernig, R., Routil, M., Gutternigg ,M., Laenger, R. (2017). Levels of estragole in fennel teas marketed in Austria and assessmentofdietary exposure. Int J FoodSciNutr 68(5):569–576.

Voitl, P. (2023). Fencheltee für Kinder? Monatsschrift Kinderheilkunde, 171, 963-964.

Autorin: Beate Ramsayer/DHZ