Vertikale Sars-CoV-2-Transmission von der Mutter auf das Kind?
Sei eine Schwangere mit Sars-CoV-2 infiziert, bestehe die Sorge einer Übertragung des Virus von der Mutter auf das Kind, schreiben John Allotey vom WHO Collaborating Centre for Global Women’s Health an der University of Birmingham und seine Kolleg:innen. »Das Virus sowie Virusfragmente wurden im Blut, der Plazenta, dem Fruchtwasser und der Muttermilch nachgewiesen. Auch die vertikale Transmission von Sars-CoV-2 ist mittlerweile bestätigt worden«, berichten sie. Zu der Frage, wie oft Neugeborene infizierter Mütter allerdings positiv auf Sars-CoV-2 getestet werden, gibt es bislang sehr uneinheitliche Ergebnisse.
In die Metaanalyse wurden 206 Kohortenstudien mit Schwangeren und Frauen kurz nach der Geburt eingeschlossen, bei denen eine Sars-CoV-2-Infektion diagnostiziert worden war. Um das Timing und die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung von der Mutter auf das Kind beurteilen zu können, flossen außerdem 266 Fallserien und Fallberichte in die Untersuchung ein.
Die Metaanalyse umfasste letztlich insgesamt 28.952 Mütter und 18.237 Babys. Von 14.271 Babys lagen PCR-Testdaten zum Sars-CoV-2-Status vor. 1,8 % der Babys, deren Mütter eine Sars-CoV-2-Infektion hatten, wurden nach der Geburt ebenfalls positiv auf das Virus getestet. Für 592 Sars-CoV-2-positive Babys lagen Daten zum Timing der Exposition vor, bei 14 wurde die vertikale Übertragung zwischen Mutter und Kind bestätigt. Bei 7 Babys fand sie im Mutterleib statt, bei 2 Babys während der Geburt und bei 5 Babys in der frühen postnatalen Phase.
Für 800 Sars-CoV-2-positive Babys lagen Daten zum Outcome vor: 20 waren Totgeburten, 23 starben als Neugeborene und 8 waren frühe Fehlgeburten. 749 Babys waren am Ende der Nachbeobachtung am Leben.
Als Faktoren, die mit einer Sars-CoV-2-Infektion beim Nachwuchs assoziiert waren, erwiesen sich eine schwere Covid-19-Erkrankung der Mutter (OR 2,4), eine Einweisung der Mutter auf die Intensivstation (HR 3,5) und eine postnatale Infektion der Mutter (HR 5,0). Keine Assoziation fand sich dagegen mit Vaginalgeburten, dem Stillen oder dem Mutter-Kind-Kontakt nach der Geburt.
Die Autor:innen um Allotey betonen, dass weiter erforscht werden müsse, wie sich das Aufkommen von Virusvarianten auf die Übertragung von der Mutter auf das Kind auswirke. »Es ist wichtig, die sich verändernde Landschaft der Covid-19-Pandemie zu berücksichtigen, etwa die Prävalenz von Covid-19 in verschiedenen Regionen, den Effekt der Impfprogramme und die Auswirkungen bekannter und möglicherweise noch auftretender Virusvarianten.« Aus diesem Grund handelt es sich bei diesem Artikel um ein sogenanntes Living Review: Es wird von den Autor:innen noch mindestens zwei Jahre lang mit neuer Evidenz aktualisiert.
Quelle: Allotey J et al.: SARS-CoV-2 positivity in offspring and timing of mother-to-child transmission: living systematic review and meta-analysis. The bmj 2022. doi: https://doi.org/10.1136/bmj-2021-067696 ∙ aerzteblatt.de, 17.3.2022 ∙ DHZ